Antikoagulanzien

Die Antikoagulation durch Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmer ist häufiger Bestandteil der Behandlung kardialer und vaskulärer Erkrankungen. Da diese Medikamente das Blutungsrisiko deutlich erhöhen, sollte der Chirurg die Indikationen, Wirkungen und Nebenwirkungen kennen.

Eine Antikoagulation wird mit Vitamin-K-Antagonisten, Heparinen, Fondaparinux (Arixtra®), Dabigatran (Pradaxa®) oder Rivaroxaban (Xarelto®) vorgenommen.

Vitamin-K-Antagonisten

Jede Transfusion verursacht eine Immunsuppression, verschlechtert die Mikrozirkulation, kann eine nicht-hämolytische oder hämolytische Reaktion (1:13000) auslösen oder zu einer Infektion (HIV, Hepatitis B oder C, Malaria, Prionen?) führen. In den letzten Jahren wird vermehrt über akute transfusionsbedingte Lungenschäden (TRALI) berichtet (1:5000–500000), die wie ein ARDS imponieren und nach zwei bis 48 Stunden auftreten.

Niedermolekulare Heparine

In der Regel werden sie über eine periphere Vene gegeben, wobei sich die Transfusionsgeschwindigkeit nach dem klinischen Zustand des Patienten richtet. Bei kreislaufstabilen Patienten mit einer hochgradigen Anämie können bei Bedarf bis zu vier Blutkonserven in drei bis vier Stunden übertragen werden. Bei Patienten mit einer Herz- oder Niereninsuffizienz ohne akute Blutungszeichen ist dagegen das Transfusionsvolumen auf 70–120 ml/Std zu begrenzen.

Unfraktionierte Heparine

Eine gekühlte Blutkonserve braucht nicht vorher erwärmt zu werden. Lediglich bei einer Massivtransfusion, einer chronischen Kälteagglutininkrankheit oder hochtitrigen Kälteantikörpern ist eine Erwärmung indiziert. Wünschenswert ist sie natürlich bei bereits unterkühlten Patienten.

Fondaparinux (Arixtra®)

Als unerwünschte Wirkungen können febrile, nicht-hämolytische Transfusionsreaktionen, urtikarielle Hautreaktionen und eine Hypervolämie auftreten. Als besonders gefährlich ist die hämolytische Transfusionsreaktion zu bewerten, die als Sofortreaktion mit Frösteln, Fieber, Schweißausbruch, Rücken-/Flankenschmerz, Tachykardie und Blutdruckabfall sowie Übelkeit und Blutungen einhergehen kann. Die häufigste Ursache für diese lebensbedrohliche Reaktion ist eine Verwechslung der AB0-Blutgruppe! Es gibt auch verzögerte hämolytische Reaktionen durch AK-Boosterung im Laufe von einigen Tagen nach Transfusion mit Anämie, Ikterus und Hämoglobinurie. Bei Verdacht auf einen Transfusionszwischenfall ist die Transfusion sofort zu beenden, ein venöser Zugang zu schaffen, um eine evtl. medikamentöse Therapie einleiten zu können, und der Patient wird zur Überwachung auf eine Wachstation gelegt. In allen Fällen mit Verdacht auf eine Transfusionsreaktion wird die Blutzufuhr sofort gestoppt, die Blutkonserve gesichert und Blut zur Untersuchung entnommen. Das Restblut der Konserve und die aktuelle Blutprobe vom Patienten werden mit den nötigen Dokumentationen den verantwortlichen Transfusionsmedizinern zugeleitet.

Dabigatran (Pradaxa®)

Ein oral wirksamer hochselektiver reversibler direkter Thrombin-Inhibitor, bei dem keine Dosisanpassung erforderlich ist.

Der max. Plasmaspiegel wird innerhalb von 0,5-2 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit beträgt 12-14 Stunden. Die Elimination erfolgt zu 80% renal, so dass eine Niereninsuffizienz unbedingt beachtet werden muss.

Als Indikationen gelten bisher die Thromboseprophylaxe (Hüft- und Knieoperationen) sowie die Schlaganfall- und Emboliprävention bei nicht valvulärem Vorhofflimmern (mit Risikofaktoren). Hierzu wurde früher eine Marcumartherapie erforderlich.

Schlaganfall/Embolie Thromboseprophylaxe
Standard 2mal 150 mg 1mal 220 mg
Reduziert 2mal 110 mg 1mal 150 mg

Wie bei jeder Antikoagulation besteht ein hohes Blutungsrisiko. Pradaxa sollte deshalb nach folgendem Schema abgesetzt werden.

GFR in ml/min Hohes Blutungsrisiko oder größerer Eingriff Standardrisiko
>80 2 Tage vorher 1 Tag vorher
50-80 2-3 Tage vorher 1-2 Tage vorher
30-50 4 Tage vorher 2-3 Tage vorher

Aufgrund der kurzen Halbwertszeit ist ein Bridging mit Heparinen im Allgemeinen nicht notwendig. Ist die Hämostase vollständig, dann kann mit Pradaxa wieder begonnen werden.

Rivaroxaban (Xarelto®)

R. ist ein Xa-Hemmer, der mit einer Dosis von 10 mg einmal tgl. appliziert wird. Eine Dosisanpassung ist in keinen Fällen erforderlich. Bei einer GFR unter 30 ml/min sollte es keinesfalls gegeben werden.

Die erste Dosis wird 6-10 Stunden nach der Operation angeordnet. Danach einmal täglich. Ein Monitoring ist nicht erforderlich.

Sollten unkontrollierte Blutungen auftreten kann PPSB oder Faktor rVIIa versucht werden. Ein Antidot ist nicht verfügbar.

PDK: Es gilt dasselbe wie für Clexane. 18 Stunden vor Legen oder Entfernen darf Rivaroxaban nicht gegeben werden. Sechs Stunden nach Legen oder Entfernen kann es wieder eingenommen werden.

Antikoagulation

Wenn eine Antikoagulation mit Cumarinderivaten vorliegt und eine elektive operative Intervention geplant ist, dann wird die Antikoagulation zunächst einfach abgesetzt. Gemeinsam mit dem Kardiologen oder Hämostaseologen wird das Risiko einer Thromboembolie abgeschätzt. Bei einem mittleren und hohen Risiko werden niedermolekulare Heparine appliziert, wenn der Quick-Wert nicht mehr im therapeutischen Bereich liegt. Postoperativ wird so früh wie möglich wieder mit der Antikoagulation begonnen. Nur bei dringlichen Operationen sollte zur raschen Normalisierung der Gerinnung 1–10 mg Vitamin-K oral oder intravenös appliziert werden. Lediglich bei akut bedrohlichen Blutungen ist zusätzlich die Gabe von PPSB indiziert.