Parathyreoidismus

Einteilung

Unter einem Hyperparathyreoidismus (HPT) wird nicht nur die Erhöhung des Parathormons verstanden, sondern eine chronische PTH-Übersekretion, die zu Krankheitssymptomen führen kann. Allgemein üblich ist eine Unterscheidung in einen primären, sekundären und tertiären HPT. Beim primären HPT liegt eine autonome Hypersekretion einzelner Drüsen vor, während beim sekundären alle Nebenschilddrüsen zur Mehrsekretion angeregt werden. Wenn ein sekundärer HPT in einen autonomen Prozess umschlägt, liegt ein tertiärer HPT vor. Der primäre HPT wird in erster Linie von solitären Adenomen (80–90 %), aber auch von Hyperplasien aller Drüsen (10–20 %) und seltener von Karzinomen der Nebenschilddrüsen oder paraneoplastisch durch nicht parathyroidale Tumoren ausgelöst. Bei multiplen endokrinen Neoplasien Typ I mit autosomal-dominantem Erbgang entwickelt sich in 90 Prozent ein primärer HPT. Die häufigste Ursache für den sekundären HPT ist sicherlich die chronische Niereninsuffizienz und seltener Malabsorptionssyndrome. Bei einer chronischen Niereninsuffizienz wird vermehrt PTH gebildet, weil in der Niere zu wenig Calcitriol gebildet wird und die Phosphatausscheidung reduziert ist. Der sekundäre HPT hat in den letzten Jahren sehr deutlich abgenommen.

Operation

Das Operationsverfahren wird individuell auf die Art des HPT zugeschnitten. Beim sekundären HPT werden über einen Kocher-Kragenschnitt alle Nebenschilddrüsen aufgesucht und entfernt. Entweder als 3 1/2 Resektion (ein halbes Epithelkörperchen bleibt in situ) oder PTX mit Autotransplantation.

Typische Lokalisation der oberen und unteren Nebenschilddrüsen

PTH-Messung

Der Erfolg der Operation kann bereits intraoperativ überprüft werden, indem der PTH-Wert im Blut gemessen wird. Dazu liegt ein Schnellassay vor, der nach einer Inkubations- und Bearbeitungszeit von ungefähr 25 Minuten eine intraoperative Messung des PTH-Spiegels erlaubt. Innerhalb von zehn Minuten nach Entfernung aller Drüsen, sollte der PTH-Spiegel um über 50 Prozent abfallen, wenn das entscheidende Adenom entfernt wurde. Dieser intraoperative Test ist sehr verlässlich (Sensitivität 90 %, Spezifität 100 %).

Autotransplantation

Allen Drüsen wird zur histologischen Bestätigung eine größere Biopsie entnommen. Eine Drüse wird autotransplantiert und das restliche Material kryokonserviert. Das Gewebe für die Autotransplantation wird vorübergehend in kalter physiologischer Kochsalzlösung gelagert und mit dem Skalpell in kleine Stücke geschnitten, die nicht größer als ein Millimeter sind. Die Gewebestücke werden dann in die Muskulatur am Oberschenkel oder Unterarm implantiert. Dazu wird die Faszie eingeschnitten und die Muskelfasern mit einer feinen Klemme gespreizt. Das Drüsenstück wird in die Muskeltasche gelegt und die Implantationsstelle mit einem nichtresorbierbaren Faden markiert, damit sie bei einer Revision wegen eines erneuten HPT leicht aufgefunden werden kann. Sollten bei dem primären Eingriff nicht alle vier Drüsen gefunden worden sein, dann wird keine Drüse autotransplantiert, sondern lediglich kryokonserviert. Die Indikation zur Implantation wird dann vom weiteren Verlauf abhängig gemacht. Wenn der HPT persistiert oder nach einigen Monaten wieder auftritt, dann sollte nach eingehender Lokalisationsdiagnostik das restliche Nebenschilddrüsengewebe entfernt werden.

Selektive Resektion

Die Operation wird bei einem primären HPT differenzierter geplant. Durch eine eingehende Lokalisationsdiagnostik sollte präoperativ geklärt werden, welche Nebenschilddrüse vergrößert ist und möglicherweise das verursachende Adenom enthält. Wenn durch die bildgebenden Verfahren ein stark vergrößertes Epithelkörperchen nachgewiesen wurde, dann wird zunächst nur die befallene Seite exploriert und das Adenom entfernt. Dazu hat sich neben dem Kocher-Kragenschnitt auch ein kleiner lateraler Zugang bewährt. Wenn der PTH-Spiegel intraoperativ rapide abfällt, wird damit die adäquate Resektion bestätigt und die kontralaterale Seite nicht exploriert. Fällt der PTH-Spiegel nicht ab, dann wird auch die kontralaterale Seite operiert. Wird eine familiäre Genese des primären HPT vermutet, dann sind meistens alle vier Drüsen beteiligt, so dass sie alle entfernt werden sollten. Eine Drüse wird dann autotransplantiert. Die intraoperative PTH-Bestimmung wird solche Situationen offen legen. Die Patienten sollten bei einseitigen Operationen immer über die Vor- und Nachteile einer einseitigen Exploration aufgeklärt werden. Um diesen Unsicherheiten zu entgehen, empfehlen einige Chirurgen immer die Exploration aller vier Drüsen mit zusätzlicher Biopsie.

Nervenschaden

Im Rahmen der Operationen wegen eines HPT sind zwei Gefahrenpunkte zu nennen: 1. die Läsion des N. recurrens und 2. die nicht auffindbare Nebenschilddrüse. Um Verletzungen des N. recurrens zu vermeiden, muss er immer dargestellt und sicher geschont werden. Er ist zugleich eine wichtige Leitstruktur zur Lokalisation kleiner Drüsen.

Lokalisation

Die Drüsen zu lokalisieren, ist in manchen Fällen schwierig. Werden sie nicht an den typischen Stellen gefunden, dann sollte das paratracheale Fettgewebe in Richtung auf das Lig. thyreothymicum disseziert werden. Vielfach findet sich im oberen Drittel des Thymushorns eine Drüse. Auch an retroösophageale und retropharyngeale Lokalisationen sollte gedacht werden. Außer beim solitären Adenom sollte das periglanduläre Fettpolster entfernt werden und eine zervikale Thymektomie erfolgen. Die Entfernung der Schilddrüse wegen eines verdächtigen intrathyroidalen Knotens, der als Epithelkörperchen interpretiert wird, ist fast nie sinnvoll, weil solche Lokalisationen in der Schilddrüse extreme Raritäten sind. Eine indirekte Hilfestellung kann die Gefäßversorgung geben, weil die Nebenschilddrüsen fast immer von Ästen der A. thyroidea inferior versorgt werden und quasi noch an dem Stiel hängen. Die gründliche Kenntnis über die embryologische Entwicklung und der typischen Lagevarianten sind eine conditio sine qua non für eine erfolgreiche Chirurgie der Nebenschilddrüsen.

Rezidivoperation

Tritt nach der Operation eines pHPT innerhalb von sechs Monaten erneut eine Hyperkalziämie auf, dann wird von einem persistierenden HPT gesprochen. Bei späterem Auftreten liegt ein Rezidiv vor, das sehr wahrscheinlich durch ein erneutes Wachsen des stimulierten Nebenschilddrüsengewebes verursacht wurde. Zur Planung der anspruchsvollen Reoperation ist eine sorgfältige Diagnostik mit einer 99mTc-Mibi-Szintigraphie und Sonographie zur genauen Lokalisation erforderlich. Manchmal muss es durch ein CT oder MRT oder sogar durch eine selektive venöse Bestimmung des Parathormons ergänzt werden. Das operative Vorgehen richtet sich wesentlich danach, ob bei der primären Operation nur eine oder beide Seite exploriert wurden, ob alle typischen Lokalisationen während des Eingriffes aufgesucht wurden und wie viele Nebenschilddrüsen histologisch bestätigt wurden.