Schilddrüsenresektion
Operation
Beim stehenden Patienten wird präoperativ der Hautschnitt in einer Hautfalte angezeichnet, so dass er sich bei der Reklination des Kopfes ungefähr zwei bis drei Zentimeter oberhalb des Jugulums befindet. Wenn der Schnitt zu hoch angelegt wird, dann ist er häufig gut sichtbar. Bei zu kaudaler Inzision besteht eine Tendenz zur Keloidbildung. Der Patient wird mit rekliniertem Kopf und gering erhöhtem Oberkörper gelagert. Nach querer Durchtrennung der Haut und des Platysmas wird ein Platysma-Hautlappen gebildet und dieser nach kaudal bis zum Jugulum und nach kranial bis zum Schildknorpel mobilisiert. Die gerade Halsmuskulatur wird in der Mittellinie durchtrennt und die Halsmuskulatur mit einem Haken zur Seite verlagert. Bei sehr großen Strumen kann es hilfreich sein, die gerade Halsmuskulatur quer zu durchtrennen. Sie sollte in der Höhe des Cricoids inzidiert werden, weil ihre motorische Versorgung durch die Ansa cervicalis unterhalb einmündet.
Spatium parathyroideum
Zur blutarmen Dissektion wird das Spatium parathyroideum eröffnet und in diesem die Schilddrüse mobilisiert. Es handelt sich dabei um einen weitgehend avaskulären Spaltraum zwischen der Schilddrüsenkapsel und der zervikalen Faszie, der für die richtige Schilddrüsenresektion von ausschlaggebender Bedeutung ist. Denn einerseits wird erst dadurch ein blutarmes Operieren ermöglicht und andererseits eine direkte Verletzung des N. recurrens vermieden, weil er sich jenseits des Spaltraumes befindet. Der N. recurrens kann überhaupt erst gefunden werden, wenn dieser Raum bewusst verlassen wird.
Dissektion
Bei jeder Schilddrüsenoperation werden zunächst die Kocher-Venen aufgesucht und ligiert. Sie befinden sich lateral und verhindern eine Hervorluxation der Schilddrüse. Je nach Befund wird dann erst der obere Pol dargestellt und die Polgefäße nahe der Schilddrüse unterbunden oder der N. recurrens aufgesucht. Bei allen ausgedehnten resezierenden Verfahren wird unter Beachtung des N. recurrens und der Epithelkörperchen das gesamte erkrankte Schilddrüsengewebe entfernt. Wird keine Hemithyreoidektomie vorgenommen, dann wird das verbleibende Gewebe mit einer blutstillenden Kapselnaht versorgt.

Zugang zur Schilddrüse
Knotenresektion
Das Ausmaß der genauen Resektion richtet sich nach der Verteilung des knotigen Gewebes. Während früher grundsätzlich eine subtotale Schilddrüsenresektion vorgenommen wurde, wird heute knotenorientiert reseziert. Sowohl die einfache Enukleation eines Knotens als auch die Thyreoidektomie können erforderlich werden. Das Ziel ist immer die vollständige Entfernung aller Knoten unter Bewahrung gesunden Schilddrüsengewebes. Nur dadurch wird die Rezidivgefahr vermindert. Es besteht heute die Tendenz, die Schilddrüsen ausgedehnter zu resezieren. In manchen Kliniken ist die Hemithyroidektomie oder Thyroidektomie die Regel.
Subtotale Resektion
Retrosternale Struma
Bei größeren Strumen können einige Anteile retrosternal ins vordere oder hintere obere Mediastinum eintauchen. Fast immer handelt es sich dabei nicht um dystopes Schilddrüsengewebe, sondern um Anteile der normal entwickelten Schilddrüse. Da diese Anteile von cervikalen Gefäßen versorgt werden, können sie ohne Sternotomie mobilisiert werden. Allerdings besteht bei diesen großen Schilddrüsen ein erhöhtes Risiko, den N. recurrens zu schädigen, denn der Nerv ist häufig aus seiner üblichen Positionen herausgehoben und verlagert und Mobilisation des retrosternalen Anteils erfordert einen erheblich Zug auf das Schilddrüsengewebe.
MIVAT
Neben dem üblichen Zugang über den kosmetisch meistens hervorragenden Kocherschnitt wurden verschiedene Techniken entwickelt, um den Schnitt zu verkleinern oder ganz am Hals zu vermeiden. Bei den minmal-invasiven Zugängen am Hals werden die Resektionen über einen bis zu zwei Zentimeter großen Schnitt videoskopisch mit speziellen kleinen Instrumenten vorgenommen. Darüber sind natürlich keine großen Strumen operabel. Über axilläre und mamilläre Zugänge kann bei erhöhtem Zugangstrauma und –risiko der Schnitt am Hals vermieden werden.
N. laryngeus recurrens
Die Verletzung des N. recurrens ist eine gefürchtete Komplikation. Wenn der Nerv beim Ersteingriff grundsätzlich dargestellt wird, dann beträgt die Paralyserate ungefähr ein Prozent. Wird der Nerv nicht routinemäßig identifiziert, dann steigt die Paralyserate auf ungefähr drei Prozent. Der N. recurrens sollte deshalb bei der Lobektomie oder Operation an der hinteren Kapsel immer dargestellt werden. Im Operationsbericht ist ausdrücklich zu vermerken, warum er eventuell nicht aufgesucht wurde.
Neuromonitoring
Bei allen Operationen an der hinteren Schilddrüsenkapsel ist eine visuelle Darstellung des N. recurrens erforderlich. Zusätzlich wird ein ergänzendes Neuromonitoring empfohlen, um bereits intraoperativ den Status des N. recurrens abzuschätzen. Beim Neuromonitoring wird der N. recurrens stimuliert und ein Aktionspotential des M. vokalis abgeleitet. Die Ableitung des Aktionspotentials geschieht am einfachsten mit einer Nadelelektrode, die durch das Lig. conicum in den M. vokalis der jeweiligen Seite gestochen wird. Zur Ableitung können auch spezielle Tuben eingesetzt werden, die getrennt für jede Seite das Aktionspotential ableiten. Während die Nadelelektrode den Vorteil hat, intraoperativ gezielt implantiert zu werden, können die Nadeln zu Blutungen mit konsekutiven Hämatomen führen. Tubuselektroden sind dagegen teurer und haben den Nachteil, dass sie intraoperativ in ihrer Position verrutschen können. Intraoperativ sollte immer der N. vagus aufgesucht und stimuliert werden. Ein gut abgeleitetes Aktionspotential ist ein relativ sicherer Hinweis dafür, dass der N. recurrens funktionstüchtig ist. Ob das Aktionspotential akustisch oder optisch wahrnehmbar sein soll, hängt von der Präferenz ab. Persönlich wird ein sauberes optisches Signal gefordert, das zur Dokumentation auch ausgedruckt. Sollte kein Signal ableitbar sein, dann sollte man sich vergewissern, dass der Patient nicht tief relaxiert ist, weil dann kein Potential abgeleitet werden kann.
N. laryngeus superior
Bei der Operation am oberen Schilddrüsenpol ist der Ramus externus des N. laryngeus superior gefährdet. Er über-, unter- oder durchkreuzt die oberen Polgefäße, so dass eine Dissektion an der Schilddrüsekapsel erforderlich ist, um den Ramus nicht zu verletzen.
Nebenschilddrüsen
Auch die Epithelkörperchen sollten bei ausgedehnten Resektionen identifiziert und sicher geschont werden. Wenn bei ausgedehnten Resektionen vermutet wird, dass ihre Durchblutung geschädigt sein könnte, wird das Epithelkörperchen kryokonserviert und bei Verletzung aller Nebenschilddrüsen wird eines in den M. sternocleidomastoideus autotransplantiert. Die Durchblutung der Nebenschilddrüsen wird bei einer relativ zentralen Ligatur der A. thyroidea inferior fast immer kompromittiert, so dass bei gutartigen Erkrankungen eine periphere Ligatur direkt an der Schilddrüse bevorzugt wird. Um die Wahrscheinlichkeit eines Hypoparathyreoidismus zu vermindern, sollte grundsätzlich jede Nebenschilddrüse so behandelt werden, als wäre sie die letzte.
Malignomverdacht
Besteht prä- oder intraoperativ der Verdacht auf ein Malignom, dann wird der Befund durch einen Schnellschnitt kontrolliert. Allerdings sind Befundkorrekturen durch den endgültigen Paraffinschnitt nicht ungewöhnlich. Ist ein Schnellschnitt nicht verfügbar, dann ist eine Hemithyreoidektomie auf der verdächtigen Seite angezeigt.