Pankreaskarzinom
Im Pankreas entstehen sowohl benigne als auch maligne Tumoren, wobei manche von ihnen endokrin besonders aktiv sind. Gutartige Tumoren sind relativ selten und chirurgisch selten bedeutungsvoll. Zeigen sie jedoch eine relative Wachstumstendenz, dann werden sie wie maligne Tumoren behandelt. Die meisten bösartigen Tumoren sind epithelialen Ursprunges, wobei das exokrine Adenokarzinom am häufigsten (90 %) ist. Es entwickelt sich fast immer aus prämalignen Vorstufen des Epithels des Pankreasganges und sehr selten aus zystischen oder azinären Tumoren. Die häufigste Lokalisation ist mit 65% der Pankreaskopf, gefolgt vom Korpus (15 %) und Schwanz (10 %).
Epidemiologie
Die jährliche Inzidenz beträgt 15–20 Fälle/100 000 Einwohner. Da fast alle Patienten sterben und ganz wenige (ca. 5 %) dauerhaft überleben, entspricht die Prävalenz weitgehend der Inzidenz. Der Altersgipfel liegt in der 7. Dekade ohne Geschlechtsunterschied. Das Pankreaskarzinom steht an 5. Stelle der krebsbedingten Todesursachen. Als Risikofaktoren gelten Zigarettenkonsum, exzessiver Alkoholkonsum, Übergewicht, Diabetes mellitus und eine hereditäre oder chronische Pankreatitis. Ernährungsfaktoren scheinen keinen relevanten Einfluss auszuüben.
Klinik
Kleine Tumoren im Pankreas bleiben asymptomatisch, außer endokrin aktiven Tumoren. Mit zunehmender Infiltration klagen die Patienten über unspezifische Beschwerden. In seltenen Fällen ist eine Galleabflussstörung hinweisend, wenn ein periampullärer Tumor oder Pankreaskopftumor den Ductus choledochus komprimiert. Diese Tumoren werden dann häufig früher erkannt als andere Pankreastumoren. Symptomatische Tumoren sind häufig fortgeschritten, wobei sie Gewichtsverlust, Schmerzen und Ikterus hervorrufen. Neuaufgetretene Oberbauch- oder Rückenschmerzen sind bei älteren Patienten sehr verdächtig.
Diagnostik
Die Erstdiagnose wird aufgrund einer Sonographie vermutet oder durch ein CT gestellt. Mit einem Spiral-CT werden die Ausdehnung des Tumors und die Infiltration in andere Organe sowie in begleitende Gefäße überprüft, denn sie legen das weitere Vorgehen fest. Als Routineuntersuchung ist die ERCP beim Pankreaskarzinom nicht hilfreich. Auch zytologische Untersuchungen aus dem Gallengang sind zu wenig sensitiv. Als Alternative zum CT bietet sich beim Pankreastumor ohne manifesten Ikterus die MRT einschließlich MRCP an. Mit dieser Untersuchung wird der Ductus choledochus und Ductus pancreaticus, die Tumorausdehnung, Metastasierung und Infiltration in die Gefäße beurteilt. Vergrößerte Lymphknoten, eine Peritonealkarzinose oder Lebermetastasen sind immer Hinweise für ein fortgeschrittenes Leiden. Inwieweit eine Endosonographie wertvolle zusätzliche Resultate liefern kann, hängt vom generellen Vorgehen innerhalb der Klinik ab. Bei einem Pankreaskopftumor sollte eine ERCP nur erwogen werden, wenn eine Choledocholithiasis nicht ausgeschlossen werden kann oder wenn zugleich ein Ikterus vorliegt, denn möglicherweise lässt sich die Stenose mit einem Stent passieren und der Galleabfluss wieder herstellen. Ist ein Tumor resektabel, dann ist es besser, auf den Stent im Gallengang zu verzichten und den Tumor schnell zu resezieren. Ohne Stent treten weniger septische Komplikationen auf.
Ikterus
Besteht präoperativ eine Cholestase, dann sollte bei einem resektablen Befund kurzfristig operiert werden. Eine Stenteinlage ist nur erforderlich, wenn eine Cholangitis vorliegt oder der Tumor nicht resektabel ist. Da die Stenteinlage zu Infektionen führt und die postoperative Morbidität erhöht, sollte sie sorgfältig überlegt werden.
Histologische Sicherung
Die absolute Notwendigkeit einer präoperativen histologischen Sicherung des Malignoms wird kritisch diskutiert. Sie hat fast keinen Einfluss auf die Operationsindikation als solche, denn sie ist mit der Diagnose eines resektablen Pankreastumors unklarer Dignität bereits gegeben. Selbst wenn eine perkutane oder intraoperative Biopsie entnommen wurde, ist sie nur bei eindeutigem Nachweis eines Malignoms hilfreich und bestätigt dann die Operationsindikation. Zeigt sich im Punktat dagegen kein Malignom, dann ist ebenfalls die Operationsindikation gegeben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das vorhandene Malignom nicht punktiert wurde. Solange der Verdacht auf ein Karzinom nicht ausgeräumt ist und der Tumor resektabel erscheint, wird die Resektion angestrebt. Auch eine endosonographische Punktion ist dann nicht hilfreich. Es gibt kein eindeutiges und verlässliches makroskopisches Kriterium, um intraoperativ einen entzündlichen von einem malignen Tumor zu entscheiden. Die Unsicherheit wird erst endgültig bei der sorgfältigen histologischen Präparation beseitigt – dann ist der Patient aber bereits operiert.
TNM-Stadien der Pankreaskarzinome
Das T-Stadium entspricht der Tiefenausdehnung des Tumors.
T1-Stadium | Tumor ist aufs Pankreas begrenzt (< 2cm) |
T2-Stadium | Tumor ist aufs Pankreas begrenzt (> 2cm) |
T3-Stadium | Infiltration jenseits des Pankreas |
T4-Stadium | Infiltration des Truncus coeliacus, A. mesenterica superior |
Das N-Stadium entspricht der Ausbreitung entlang der Lymphknoten.
N0-Stadium | Keine Lymphknotenmetastasen |
N1-Stadium | Regionäre Lymphknotenmetastasen |
Das M-Stadium entspricht der Fernmetastasierung.
M0-Stadium | Keine Fernmetastasen |
M1-Stadium | Fernmetastasen |
Spezielle Gegebenheiten werden in der TNM-Formel durch Suffixe angegeben:
c – Klinisches Stadium
p – histologisch gesichertes Stadium
y – Stadium während oder nach onkologischer Vorbehandlung
r – Stadium eines Rezidivtumors
m – multifokale Läsionen
Verdachtsdiagnose
Wenn keine eindeutige histologische Sicherung vorliegt, muss der Patient über diesen Sachverhalt vor der Operation genauestens aufgeklärt werden. Immer dann, wenn die Diagnose eines Pankreaskopftumors ohne histologische Sicherung gestellt wird, ergibt sich das geschilderte Problem. Wenn anamnestische Hinweise auf eine stattgehabte Pankreatitis oder chronische Pankreatitis vorliegen und eher ein entzündlicher Prozess vermutet wird, dann wird der Befund nach zwei Monaten kontrolliert. Bei Regredienz wird weiter abgewartet und bei Progredienz operiert. Bei unverändertem Krankheitsverlauf bleibt das Dilemma bestehen, denn es ist niemals ausgeschlossen, dass sich in einer Pankreatitis ein maligner Prozess befindet. Bei Pankreaskopfresektionen wegen einer chronischen Pankreatitis finden sich in ungefähr 10 % der Fälle Karzinome. In diesen kritischen Fällen ist es erforderlich, mit dem Patienten und allen behandelnden Ärzten einen Konsens im weiteren Vorgehen zu erreichen. Im Zweifelsfall wird die Operation empfohlen, um die sowieso relativ ungünstige Prognose beim Pankreaskarzinom nicht noch weiter zu verschlechtern.
Lymphknotenmetastasen
Da die Tumoren häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden, liegen bei fast Zweidritteln der Patienten bereits Lymphknotenmetastasen im peripankreatischen Gewebe bzw. der Station 1 vor. Rasch wird die zweite Station entlang der großen Gefäße befallen.
Prognose
Die Prognose hängt zunächst davon ab, ob eine Resektion gelingt oder nicht. Ohne Resektion beträgt die mediane Überlebenszeit 3 bis 9 Monate und nach einer Resektion 14-20 Monate. Aufgrund der häufig fortgeschrittenen Tumoren sind nur 20–40 % resektabel. Nach einer R0-Resektion steigt das mediane Überleben auf ca. 20 Monate. Der Wert einer R1/R2-Resektion ist sehr strittig und wird überwiegend als nicht sinnvoll angesehen. Die gesamte 5-Jahres-Überlebensrate beträgt je nach Selektion 10–40 % und schwankt in Abhängigkeit vom Tumorstadium. Neben der Resektabilität verschlechtern Lymphknotenmetastasen und eine venöse oder perineurale Infiltration die Prognose deutlich. Tumoren im Hals, Korpus und Schwanz sind häufiger irresektabel und haben deshalb eine schlechtere Prognose.
Lokalisation
Die Karzinome verteilen sich ungleichmäßig auf das Pankreas. Zwei Drittel aller Tumore entstehen im Pankreaskopf und nur ungefähr 10 % im Schwanzbereich. Maligne Erkrankungen des Processus uncinatus sind häufig inoperabel, weil der Ursprung der A. mesenterica superior relativ früh einbezogen wird. Von besonderer Bedeutung sind die Tumoren im Bereich der periampullären Region. Hierzu zählen Papillen-, Duodenal-, Pankreas- und Choledochuskarzinome, die zu den periampullären Tumoren zusammengefasst werden. Sie haben eine günstigere Prognose als die duktalen Adenokarzinome, weil sie früher diagnostiziert werden.
TNM-Stadien der periampullären Karzinome
Das T-Stadium entspricht der Tiefenausdehnung des Tumors.
T1-Stadium | Tumor ist aufs Pankreas begrenzt (< 2cm) |
T2-Stadium | Tumor ist aufs Pankreas begrenzt (> 2cm) |
T3-Stadium | Infiltration jenseits des Pankreas |
T4-Stadium | Infiltration des Truncus coeliacus, A. mesenterica superior |
Das N-Stadium entspricht der Ausbreitung entlang der Lymphknoten.
N0-Stadium | Keine Lymphknotenmetastasen |
N1-Stadium | Regionäre Lymphknotenmetastasen |
Das M-Stadium entspricht der Fernmetastasierung.
M0-Stadium | Keine Fernmetastasen |
M1-Stadium | Fernmetastasen |
Spezielle Gegebenheiten werden in der TNM-Formel durch Suffixe angegeben:
c – Klinisches Stadium
p – histologisch gesichertes Stadium
y – Stadium während oder nach onkologischer Vorbehandlung
r – Stadium eines Rezidivtumors
m – multifokale Läsionen
Operationsindikation
Wenn histologisch ein Malignom nachgewiesen wurde oder vermutet wird, dann wird die Resektabilität mit den bildgebenden Verfahren überprüft. Erscheint der Tumor resektabel und liegen keine Fernmetastasen vor, dann wird er reseziert. Als absolute Kontraindikationen gelten nachgewiesene Fernmetastasen, ein Verschluss der großen Arterien (A. hepatica communis, A. mesenterica superior) und der Venen (Pfortader, V. mesenterica superior), eine Infiltration in die Mesenterialwurzel oder das Retroperitoneum. Bei einem Pankreaskopftumor ist der Standardeingriff eine partielle Duodenopankreatektomie, entweder pyloruserhaltend oder mit Antrumresektion (Operation nach Kausch-Whipple). Bei Tumoren im restlichen Pankreas die linksseitige oder subtotale Resektion. Eine Ausdehnung der Resektion über die erste Lymphknotenstation hinaus auf die zweite Lymphknotenstation hat die Prognose nicht verbessert. Wenn der Tumor nicht resektabel ist und eine endoskopisch nicht behebbare Choledochusstenose vorliegt, dann wird sowohl eine Choledochojejunostomie als auch eine simultane Gastrojejunostomie empfohlen.
Adjuvante Therapie
Die Prognose des Pankreaskarzinoms ist sehr ernst. Nach R0- oder R1-Resektion wird eine adjuvante Chemotherapie empfohlen. Die meisten Tumoren sind zum Diagnosezeitpunkt nicht mehr resektabel oder weisen Fernmetastasen auf. Auch in diesen palliativen Situationen kann eine Chemotherapie oder Strahlenchemotherapie erwogen werden. Ob diese Therapien die Gesamtprognose deutlich verbessern, werden weitere Studien zeigen müssen.