Lebertumoren

Die häufigsten Lebertumoren sind gutartiger Natur. Es sind meistens Hämangiome und sehr viel seltener Adenome oder eine fokale noduläre Hyperplasie. In unseren Regionen sind die häufigsten malignen Veränderungen der Leber Metastasen und seltener primäre Malignome.

Fokal noduläre Hyperplasie

Hierbei handelt es sich um eine gutartige Hyperplasie mit geringer Wachstumsneigung, die nicht maligne transformiert und auch nicht rupturiert. Bei großen linksseitigen Tumoren kann sie auf den Magen drücken und Beschwerden verursachen. Die Hyperplasie ist nicht von einer Kapsel umgeben und komprimiert bei entsprechender Größe die umgebenden Lebervenen, so dass eine Ausschälung nicht empfohlen wird.

Hämangiome

Die angeborenen Missbildungen sind sehr blutreich, wachsen sehr langsam und zeigen in der Sonographie und dem Kontrastmittel-CT fast immer ein typisches Verhalten, so dass sie dadurch eindeutig spezifizierbar sind. Wenn sie sehr groß sind und an der Oberfläche liegen, können sie rupturieren und dadurch eine massive Blutung auslösen. Nur bei diesen Gefahren oder wenn die Tumoren in der Bildgebung nicht eindeutig zugeordnet werden können, werden sie reseziert. Dabei können sie meistens ausgeschält werden, weil sie nicht infiltrierend wachsen.

Adenome

Die Leberzelladenome sind ebenfalls gut vaskularisiert und imponieren häufig durch ihre Größe. In dem durch Feinnadelpunktion gewonnenen Gewebe sind sie nicht immer von hochdifferenzierten Karzinomen abgrenzbar. Es ist nicht eindeutig gesichert, dass Adenome als Vorstufen von hepatozellulären Karzinomen zu gelten haben. Bei kleineren Adenomen von weniger als fünf Zentimeter im Durchmesser wird eine beobachtende Haltung empfohlen. Bei größeren Adenomen wird in der Regel reseziert, weil eine Malignität befürchtet wird. Patienten klagen häufig über Beschwerden, die durch die Größe oder Einblutungen hervorgerufen werden. Seltenen treten spontane intraabdominelle Blutungen auf. Bei allen Blutungskomplikationen sollte an einer interventionelle Blutstillung durch Embolisation gedacht werden.

Lebermetastasen

Fast alle hämatogen streuenden Tumoren bilden Lebermetastasen. Am häufigsten werden Metastasen beim kolorektalen Karzinom (50%), Pankreaskarzinom (15%) und Mammakarzinom (15%) behandelt. Ob diese einer chirurgischen Therapie bedürfen, wird in den einzelnen Kapiteln besprochen, denn für ein Pankreas-, Nieren- und Kolonkarzinom, Melanom oder neuroendokrinen Tumor gelten unterschiedliche Therapieansätze. Meistens ist bei einer disseminierten Aussaat in beide Leberlappen eine Resektion nicht sinnvoll, während bei solitären oder vereinzelten Metastasen die Resektion erwogen wird. Beim kolorektalen Karzinom wird die Indikation zur Resektion der Lebermetastasen relativ aggressiv gestellt, weil nach einer R0-Resektion der Lebermetastasen immerhin 25 bis 40 Prozent der Patienten länger als fünf Jahre leben.

Cholangiozelluläres Karzinom

Das cholangiozelluläres Karzinom (CCC) ist seltener als das hepatozelluläre Karzinom (HCC) und nimmt seinen Ursprung vom Epithel der Gallenwege. Zum Zeitpunkt der Diagnose ist es häufig schon bereits fortgeschritten, so dass eine kurative Therapie seltener ist. Die Prognose beträgt im Median ungefähr zwölf Monate. Da sie sich durch eine R0-Resektion deutlich verbessert und danach 5-Jahres-Überlebenszeiten von 15 bis 50 Prozent berichtet wurden, ist eine aggressive operative Therapie angezeigt. Aufgrund der Größe sind dazu fast immer ausgedehnte Resektionen nötig, die eine nicht unerhebliche Mortalität (bis zu 10 %) aufweisen. Da eine R1- oder R2-Resektion keinen Überlebensvorteil bringt, sollten palliative Resektionen vermieden werden.

Hepatozelluläres Karzinom

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist ein primäres Malignom der Leber und gehört weltweit zum häufigsten Tumor. Es ist in unseren Regionen aber selten. Häufig besteht gleichzeitig eine Leberzirrhose (70–80 %) oder abgelaufene Hepatitis B neben anderen seltenen Lebererkrankungen. Die bildgebenden Verfahren äußern den Verdacht, aber er wird meistens erst durch eine Punktion untermauert. Ein sehr hoher a-Fetoprotein-Spiegel (>300 µg/l) weist mit einer hohen Treffersicherheit auf das Karzinom hin. Niedrigere Spiegel sind nicht so eindeutig. Der Tumor imponiert makroskopisch als hellbraun und weich. Manchmal ist er auch von einer Kapsel umgeben, was prognostisch günstiger ist. Die insgesamt schlechte Prognose hängt vom Tumortyp, vom Stadium und von der Resektabilität ab. Die Hälfte aller Tumoren ist nämlich zum Zeitpunkt der Diagnose nicht mehr resektabel, weil sie zu groß sind, multizentrisch auftreten oder das übrige Leberparenchym so geschädigt ist, dass eine Resektion nicht in Frage kommt. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt nach einer Resektion im günstigsten Fall (T1-Tumor) 50 bis 60 Prozent und im Durchschnitt nur 10–40 Prozent. Im Median überleben die Patienten ohne Resektion ungefähr sechs Monate. Ein HCC in einer nicht-zirrhotischen Leber wird wie ein CCC mit ausgedehnter Resektion behandelt, wobei man mit der Lymphadenektomie zurückhaltender ist, weil es seltener lymphogen zu metastasieren scheint als das CCC. Rezidive in der Restleber sind häufig, so dass eine hämatogene Aussaat vermutet wird. Ein HCC in einer zirrhotischen Leber wird nur dann behandelt, wenn das HCC prognoserelevant ist.

TNM-Stadien der Lebertumoren

Das T-Stadium entspricht der Tiefenausdehnung des Tumors.

T1-Stadium Solitärer Tumor ohne Gefäßinvasion
T2-Stadium Solitärer Tumor mit Gefäßinvasion, multiple Tumoren < 5 cm
T3-Stadium Multiple Tumoren > 5 cm, Invasion größerer Äste der V. porta oder Vv. hepaticae
T4-Stadium Invasion von Nachbarorganen ausgenommen Gallenblase, Perforation des viszeralen Peritoneums

Das N-Stadium entspricht der Ausbreitung entlang der Lymphknoten.

N0-Stadium Keine Lymphknotenmetastasen
N1-Stadium Regionäre Lymphknotenmetastasen

Das M-Stadium entspricht der Fernmetastasierung.

M0-Stadium Keine Fernmetastasen
M1-Stadium Fernmetastasen

Spezielle Gegebenheiten werden in der TNM-Formel durch Suffixe angegeben:
c – Klinisches Stadium
p – histologisch gesichertes Stadium
y – Stadium während oder nach onkologischer Vorbehandlung
r  – Stadium eines Rezidivtumors
m – multifokale Läsionen

Klinik

Die Beschwerden aufgrund der Lebertumoren hängen von der Größe ab. Kleine Tumoren sind klinisch völlig unauffällig. Sehr große Tumoren können durch Verdrängung symptomatisch werden oder einen Leberkapselschmerz auslösen. Ein Ikterus kann intrahepatisch bedingt sein, wenn eine Leberfunktionsstörung durch ausgeprägten diffusen Befall des Leberparenchyms vorliegt, oder posthepatisch, wenn die Gallenwege komprimiert werden.

Diagnostik

Wird das direkte bzw. indirekte Bilirubin bestimmt, dann kann die Art des Ikterus (intra- oder posthepatisch) genauer spezifiziert werden. Die Bestimmung der Leberenzyme ist zur Differentialdiagnose nicht hilfreich, sie drückt aber das Ausmaß der Leberschädigung aus. Die Gerinnungsparameter und das Albumin sind indirekte Marker für eine Synthesestörung der Leber. Als Tumormarker ist lediglich das a-Fetoprotein geeignet. Zur globalen bildgebenden Diagnostik hat sich der transkutane Ultraschall sehr bewährt, weil Zysten und typische Hämangiome allein hiermit hinreichend sicher diagnostizierbar sind und in diesen Fällen nur selten andere Untersuchungstechniken nötig sind. Bei anderen Tumoren wird die Sonographie durch ein Spiral-CT oder MRT ergänzt, um das exakte Ausmaß zu bestimmen. Bei Verdacht auf eine fokal noduläre Hyperplasie sollte ein MRT angefertigt werden, weil sie aufgrund ihrer zentralen Narbe und ihres Kontrastmittelverhaltens im MRT sicher differenziert werden.

Operationsindikation

Gutartige Tumoren wie Zysten, Hämangiome oder Adenome werden reseziert, wenn sie aufgrund ihrer Größe Beschwerden bereiten, eine Entartungstendenz aufweisen oder zu Blutungen neigen. Alle Malignome und Lebermetastasen werden auf ihre sinnvolle Resektabilität überprüft. Bei den Lebermetastasen wird neben der Größe, Anzahl und Lokalisation auch das Grundleiden in die Beurteilung einbezogen. Die primären Lebermalignome sollten möglichst reseziert werden, wenn keine Leberzirrhose vorliegt.

Lebertransplantation

Da das CCC eine schlechte Prognose und hohe Rezidivrate aufweist, wird keine Lebertransplantation erwogen. Anders verhält es sich beim HCC, denn hier ist die Kombination einer Leberzirrhose mit einem HCC eine gute Indikation zur Lebertransplantation. Die Transplantation beseitigt die Leberzirrhose, die als Entartungspotential gilt, und zugleich alle möglichen Satellitentumoren des HCC.

Operationsvorbereitung

Vor jeder Resektion sollte das genaue Vorgehen durch bildgebende Verfahren geplant werden. Das Ausmaß der Resektion wird festgelegt und zugleich abgeschätzt, ob die Funktion des Restparenchyms postoperativ ausreicht.

Pfortaderembolisation

Vor geplanten ausgedehnten Resektionen wird die Pfortader embolisiert oder ligiert. Auf der kontralateralen Seite hypertrophiert die Leber und ein Parenchymzuwachs von 20 bis 40 Prozent kann erwartet werden. Dadurch sinkt das Risiko eines postoperativen Leberversagens selbst nach Resektionen von 70 bis 80 Prozent des Lebergewebes.

Gerinnungsfaktoren

Von der Syntheseleistung der Restleber hängt die perioperative Hämostase ab, denn in der Leber werden die Faktoren II, VII, IX, X und die Inhibitoren des Prothrombin-Komplexes (Protein C und S) gebildet. Da gerinnungsaktives Frischplasma alle Gerinnungsfaktoren im physiologischen Verhältnis enthält, wird es wegen des optimalen Risikoprofils bei perioperativen Gerinnungsstörungen appliziert. Es gibt nur selten eine Indikation, Prothrombinkomplex-Konzentrate (PPSB) zu geben. Bei ihrer Anwendung ist unbedingt darauf zu achten, vorher Frischplasmen zu applizieren, den AT-III-Spiegel zu normalisieren und gegebenenfalls Heparin hinzuzufügen, um unerwünschte Thrombosen zu vermeiden. Die Leber entfernt auch aktivierte Faktoren und deren Spaltprodukte aus der Zirkulation, so dass bei einer Leberfunktionsstörung mit einer Hyperfibrinolyse zu rechnen ist. Glücklicherweise werden Plasminogen-Aktivatoren, deren Inhibitoren und der von-Willebrand-Faktor auch in den Endothel-Zellen gebildet, so dass die Leber hierdurch in ihrer Funktion unterstützt wird.

Thrombozytopenie

Eine Thrombozytopenie oder Thrombozytenfunktionsstörung geht häufig mit der Lebererkrankung einher und sollte deshalb präoperativ beachtet und bei einer Blutungsneigung ausgeglichen werden.