Leber und Gallenwege – Anatomie

Makroskopisch wird die Leber durch das Lig. falciforme hepatis scheinbar in einen großen rechten und kleinen linken Leberlappen eingeteilt. Am Unterrand des Lig. falciforme befindet sich das Lig. teres hepatis, das die obliterierte Nabelvene enthält und vom Nabel zur Leber zieht. Die Leber ist sowohl am Zwerchfell als auch am Retroperitoneum verklebt. Hier befindet sich die Umschlagsfalte des viszeralen in das parietale Peritoneum, die beidseits in die Ligg. triangulare ausläuft. Werden diese Verwachsungen durchtrennt, so ist die Leber fast vollständig mobilisiert und nur noch durch das Lig. hepatoduodenale fixiert sowie über die großen Lebervenen, die unterhalb des Zwerchfells in die V. cava inferior münden. Das Lig. hepatoduodenale enthält die Pfortader, die A. hepatica propria und den Ductus hepatocholedochus.

Anatomie der Leber

Unterseite der Leber

Lymphsystem

Der tägliche Lymphabfluss der Leber beträgt normalerweise bis zu 2,5 Liter. Er kann bei einer zirrhotischen Leber auch das Vierfache betragen. Die Lymphdrainage von Leber und Gallenblase verläuft entlang der arteriellen Versorgung der Leber und des Pankreaskopfes, wobei sich regelhaft ein Lymphknoten am Gallenblasenhals und mehrere um den Choledochus nachweisen lassen, und entlang der Vv. hepaticae.

Nervensystem

Sowohl der Sympathicus als auch der Parasympathicus innervieren die Leber. Die sympathischen Fasern gelangen über den Plexus coeliacus entlang der A. hepatica propria zur Leber. Der linke (vordere) Vagus innerviert die Leber über den Ramus hepaticus, der immer gut sichtbar im Omentum minus nachweisbar ist.

Gefäßsystem

Ungefähr 12 Prozent der gesamten Sauerstoffaufnahme des Körpers werden der Leber zugeführt, wobei die Sauerstoffzufuhr normalerweise zu gleichen Teilen von der Pfortader und der Leberarterie sichergestellt wird. Die Leber wird pro Minute von ungefähr 1,5 l Blut durchflossen. Der Anteil aus der Leberarterie beträgt nur ein Viertel, kann aber je nach dem Pfortaderfluss variieren. Die Leberarterie (A. hepatica propria) ist die Fortsetzung der A. hepatica communis, die aus dem Truncus coeliacus entspringt. Sie verläuft ventral im Lig. hepatoduodenale und ist dort leicht auffindbar. Andere Gefäßvarianten sollten aber unbedingt bedacht werden, weil sie relativ häufig sind. In 25 Prozent aller Fälle finden sich akzessorische Arterien zu Segmenten des rechten oder linken Leberlappens. Besonders häufig ist eine Arterie aus der A. gastrica sinistra (10 %), die zum linken Leberlappen zieht, und eine zusätzliche rechte Leberarterie aus der A. mesenterica superior (10 %), die am rechten lateralen Rand des Lig. hepatoduodenale verläuft. In ungefähr 1,5 Prozent entspringt die Leberarterie aus der A. mesenterica superior und in 0,2 Prozent sogar direkt aus der Aorta.

Eine Ligatur der A. hepatica communis am Truncus coeliacus wird bei normaler Gefäßanatomie regelhaft toleriert, weil über die A. gastroduodenalis und A. gastrica dextra eine ausreichende arterielle Versorgung ermöglicht wird. Eine Unterbindung der rechten oder linken Leberarterie führt innerhalb von 24 Stunden zu einer geringen Reperfusion über transsegmentale Arterien. Wird die A. hepatica propria unterbunden und sind keine akzessorischen Arterien vorhanden, dann wird die Sauerstoffversorgung der Leber zwar massiv reduziert, sie ist aber bei normalem Pfortaderfluss noch ausreichend.

Die Pfortader drainiert das Blut aus der V. mesenterica superior et inferior und der V. lienalis. Sie teilt sich in der Leberpforte in zwei Äste, die den rechten und linken Lappen versorgen. Der linke Pfortaderast versorgt die Segmente 2–4 und der rechte Pfortaderast die Segmente 5–8.

Die Vv. hepaticae verlaufen in den Segmentgrenzen und nehmen das Blut aus mehreren Segmenten auf. Meistens sind drei Lebervenen vorhanden, wobei die mittlere Lebervene die anatomische Grenze zwischen dem rechten und linken Leberlappen darstellt. Sie verläuft ungefähr in der Ebene zwischen der Gallenblase und der V. cava. Nicht selten bilden die linke und mittlere Lebervene bereits intrahepatisch einen gemeinsamen Konfluenz. Daneben können weitere akzessorische Lebervenen vorliegen, so dass zur genauen Klärung der Anatomie ein intraoperativer Ultraschall hilfreich sein kann. Neben den großen Lebervenen gibt es noch 5–15 kleine Venen, die das Segment 1 und den Cava-nahen Teil der rechten Leber versorgen. Sie werden bei der vollständigen Mobilisation der Leber dargestellt und mit Clips oder Durchstichligaturen unterbunden.

Gallengangsystem

Die Hepatozyten und das Gallengangsepithel produzieren pro Tag ungefähr 500-700 ml Galle. Die Galle fließt während der Verdauung mit geringem Fluss (0,5 ml/min) direkt in das Duodenum, weil dann der Sphincter Oddi relaxiert ist. In den Nüchternphasen ist der Sphincter Oddi kontrahiert und die Galle fließt über den Ductus cysticus in die Gallenblase, die ein durchschnittliches Fassungsvermögen von 50–70 ml aufweist. Um die 10fache Menge an Galle in der Gallenblase aufnehmen zu können, wird ein Großteil des Wassers resorbiert und die Galle damit auf das 10fache konzentriert. Bei einer erneuten Verdauungsphase wird reflektorisch Cholezystokinin ausgeschüttet, worauf sich die Gallenblase kontrahiert und der Sphincter Oddi relaxiert. Dadurch wird hochkonzentrierte Galle zur optimalen Verdauung in den Gastrointestinaltrakt abgegeben.

Die Gallenblase liegt an der Unterseite des 4/5 Segmentes. In seltenen Fällen fehlt sie völlig oder liegt in zwei- oder dreifacher Ausführung vor, ohne dass solche Fehlbildungen symptomatisch werden müssen. Auffällig am Wandaufbau der Gallenblase ist, dass die Submukosa weitgehend fehlt, so dass hier im Wesentlichen drei Schichten nachweisbar sind – Mukosa, Muscularis propria und Serosa. Im Ductus cysticus finden sich spiralig verlaufende Schleimhautaufwerfungen, die Heister-Klappen, die wie ein Ventil die Füllung der Gallenblase begünstigen und eine Entleerung erschweren. Nur aufgrund der hervorragenden Kontraktionsfähigkeit der Gallenblasenwand wird der Widerstand der Klappen bei der Entleerung überwunden.

Das Gallengangsystem ist Teil der Glisson-Trias und verzweigt sich wie die Leberarterie und Pfortader. Der rechte und linke Ductus hepaticus mündet in den Ductus hepatocholedochus, der normalerweise ventral der Pfortader liegt und rechtsseitig am Lig. hepatoduodenale randbildend ist. Vom Hauptgallengang geht der Ductus cysticus ab, der in die Gallenblase mündet. Es gibt sehr viele Varianten des Abganges des Ductus cysticus vom Ductus hepatocholedochus und der A. cystica von der rechten Leberarterie, so dass bei jeder Operation durch vorsichtige Präparation geklärt werden sollte, welche individuellen Verhältnisse im Calot-Dreieck vorliegen: Verläuft die A. cystica über oder unter dem Ductus choledochus und wo exakt verläuft der Ductus choledochus im Verhältnis zum Ductus cysticus. Es wurden viele Varianten der extrahepatischen großen Gallengänge beschrieben, so dass immer eine sorgfältige Exploration anzuraten ist, bevor man Teile des Gallengangsystems durchtrennt. Einer ungewöhnlichen oder ungeklärten Anatomie des Ductus cysticus sollte durch eine intraoperative Cholangiographie begegnet werden, weil eine unklare Anatomie zu schweren iatrogenen Verletzungen der Gallengänge führen kann. Akzessorische Gallengänge sind sehr selten (0,1 %) und in der Regel unbedeutend in ihrer klinischen Auswirkung. Sollten sie dennoch zu einem Biliom führen, dann kann es transkutan suffizient drainiert werden. Wenn die Gallenwege ansonsten durchgängig sind, wird die Galleableitung meistens spontan sistieren. Selten ist eine Revision mit Lokalisation und Umstechung des akzessorischen Gallengangs notwendig.

Der Ductus choledochus und Ductus pancreaticus drainieren ihre Flüssigkeit normalerweise über die Papilla Vateri in das Duodenum. In ungefähr zehn Prozent der Fälle fusionieren beide Gänge und bilden einen gemeinsamen Kanal bevor sie in die Papille münden. In seltenen Fällen finden sich zwei getrennte Einmündungen in das Duodenum.