Analkarzinom
Am Anus finden sich zahlenmäßig vorwiegend virusinduzierte Tumore wie Condylomata acuminata oder präkanzeröse Läsionen. Eine persistierende Infektion mit humanen Papillomviren induziert anale intraepitheliale Neoplasien (AIN), die als Präkanzerosen gelten. Sind histologisch ausgeprägte Dysplasien nachweisbar, sollten die AIN unbedingt reseziert werden, weil das Risiko sehr hoch ist, ein Analkarzinom zu entwickeln.
Epidemiologie
Analkarzinome sind sehr selten in der Normalbevölkerung (jährliche Inzidenz 1/100 000 Einwohner). Sie sind besonders häufig bei Homosexuellen und ihre Inzidenz steigt auf das 100fache bei Patienten mit HIV-Infektion. Bei fast 80 Prozent aller Analkarzinome sind humane Papillomviren (HPV) nachweisbar, die in der Regel sexuell übertragen werden. Eine HPV-Infektion sollte deshalb als hohes Risiko angesehen werden, Dysplasien zu entwickeln.
Einteilung
Karzinome werden danach eingeteilt, ob sie sich im Analkanal oder mehr am Analrand befinden. Befinden sich die Tumoren näher als 6 cm zur Linea anocutanea, werden sie als Analrandkarzinome betrachtet. Analrandkarzinome sind fast ausschließlich Plattenepithelkarzinome (90 %) und seltener Basalzellkarzinome. Intraepitheliale Neoplasien (AIN) am Analrand werden als M. Bowen bezeichnet, die zwar nach Resektionen häufig rezidivieren, aber sich seltener zu Karzinomen entwickeln.
TNM-Stadien
Das T-Stadium entspricht der Tiefenausdehnung des Tumors.
| T1-Stadium | Tumor 2 cm oder weniger in größter Ausdehnung |
| T2-Stadium | Tumor mehr als 2 cm, aber nichr mehr als 5 cm in größter Ausdehnung |
| T3-Stadium | Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung |
| T4-Stadium | Tumor in jeder Größe mit Infiltration in andere Organe |
Das N-Stadium entspricht der Ausbreitung entlang der Lymphknoten.
| N0-Stadium | Keine Lymphknotenmetastasen |
| N1-Stadium | Metastasen in pelvirektalen Lymphknoten |
| N2-Stadium | Metastasen in inguinalen Lymphknoten einer Seite und/oder in Lymphknoten an der A. iliaca interna einer Seite. |
| N3-Stadium | Metastasen in pelvirektalen und inguinalen Lymphknoten und/oder in Lymphknoten an der A. iliaca interna beiderseits und/oder in bilateralen inguinalen Lymphknoten |
Das M-Stadium entspricht der Fernmetastasierung.
| M0-Stadium | Keine Fernmetastasen |
| M1-Stadium | Fernmetastasen |
Spezielle Gegebenheiten werden in der TNM-Formel durch Suffixe angegeben:
c – Klinisches Stadium
p – histologisch gesichertes Stadium
y – Stadium während oder nach onkologischer Vorbehandlung
r – Stadium eines Rezidivtumors
m – multifokale Läsionen
Klinik
Selten lässt sich ein Analkarzinom nachweisen, bei dem es sich meistens um ein Plattenepithelkarzinom und seltener um ein Adenokarzinom handelt. Sie werden durch unspezifische Symptome wie Schmerzen, Blutungen oder Fremdkörpergefühl auffällig. Manchmal verzögern begleitende proktologische Krankheitsbilder die endgültige Diagnose. Im Zweifelsfall sollte immer eine Biopsie entnommen werden. Wenn die Läsion kleiner als 1 cm ist, wird sie in toto abgetragen. Bei den Staginguntersuchungen ist der besondere Lymphabfluss unter- und oberhalb der Linea dentata unbedingt zu berücksichtigen. Deshalb werden immer die inguinalen und iliakalen Lymphknoten untersucht.
Biopsie
Alle Tumoren müssen histologisch gesichert werden. Bei kleinen und gut verschieblichen Tumoren (<2 cm) kann der Tumor kurativ in toto entfernt werden. Die lokale Rückfallrate liegt bei diesen Resektionen allerdings bei 25–50 Prozent, so dass die Patienten intensiv überwacht werden sollten. Bei größeren Tumoren ist eine Probeexzision ausreichend, um die Diagnose zu sichern.
Therapieoptionen
Die operative Behandlung des Analkarzinoms ist heute die Ausnahme, weil gegenwärtig gute Ergebnisse mit der Radiochemotherapie erreicht werden. Lediglich bei kleinen und gut differenzierten Tumoren (T1 N0 G1) am Analrand ist die alleinige Exzision hinreichend. Bei allen anderen sollte eine Radiochemotherapie eingeleitet werden. Sollten synchrone Lymphknotenmetastasen in den Leisten vorliegen, werden diese primär bestrahlt und nicht reseziert (Heilungsrate 90 %). Auch metachrone Lymphknotenmetastasen, die in zehn bis 20 Prozent innerhalb von sechs Monaten auftreten, werden primär bestrahlt. Eine abdominoperineale Rektumexstirpation ist nur noch bei Therapieversagern oder Rezidiven erforderlich.
