Perianale Abszesse

Epidemiologie

Abszesse und Fisteln treten überwiegend beim männlichen Geschlecht auf. Das Alter beträgt meistens 30-50 Jahre

Ursache

Fast alle perianalen Abszesse und Fisteln nehmen ihren Ausgang von den Proktodealdrüsen (blau), die sich im intersphinktären Raum befinden und deren Ausführungsgänge im Bereich der Linea dentata münden. Sie sind vorwiegend an der hinteren Commissur lokalisiert und seltener anterior.

Duftdrüse mit Gang vom Anus (blau) und entzündete Drüse mit Ausbreitung der Entzündung (rot)

Einteilung der Abszesse

Eine akute Entzündung dieser Drüsen (rot) breitet sich in anatomisch vordefinierten Ebenen aus, so dass Abszesse supralevatorisch (pelvirektal), ischioanal (infralevatorisch), intersphinktär oder subanodermal entstehen können.

Perianale Abszesse

Klinik

Ein Abszess äußert sich meistens durch starke Schmerzen und eine Schwellung. Typische Zeichen des Abszesses wie Rötung und Überwärmung können aber auch fehlen. Zu Beginn des Prozesses wird die ischioanale Entzündung von festen Faszienräumen eingegrenzt und dadurch lokalisiert. Die Patienten klagen in diesem Stadium lediglich über dumpfe Schmerzen beim Sitzen und Laufen. Erst wenn die Faszie durchbrochen wurde, finden sich bei der äußeren Inspektion die klassischen Zeichen des Abszesses. Auf keinen Fall sollte darauf gewartet werden, dass er spontan perforiert, sondern hier ist die Indikation zur dringlichen Operation zu stellen. Die Entzündung breitet sich nämlich beim Zuwarten im ischioanalen hufeisenförmig aus und kann ein schweres septisches Krankheitsbild verursachen, bevor sie durch die subkutane Faszie penetriert.

Wenn ein supralevatorischer Abszess vermutet wird, weil der Patient über ein unangenehmes Druckgefühl klagt, dann ist bei der äußeren Inspektion kein pathologischer Befund zu erheben. Die vorsichtige rektale Untersuchung wird aber den Verdacht bestätigen. Meistens entleert sich Eiter in den Anus, wenn man auf die Schwellung drückt.

Operation

Bei einem periproktitischen Abszess wird nach sorgfältiger Untersuchung in Narkose der Anus mit einem Spreizer eingestellt und inspiziert. Manchmal tritt bei geringem Druck auf den Abszess bereits Eiter aus der inneren Fistelöffnung aus. Die Lokalisation dieser Öffnung sollte für eine spätere Fisteloperation gut dokumentiert werden. Alle Abszesse werden radiär exzidiert. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Faszie zwischen ischioanalem und subkutanen Gewebe ausreichend weit eröffnet wird. Sollte es sich um einen sehr großen Abszess handeln, dann sollte im Zweifelsfall mehrfach inzidiert werden. Die Abszesshöhle wird sorgfältig ausgespült und falls erforderlich eine Drainage zum Offenhalten eingelegt. Man sollte sich davor hüten, eine ausgiebige Wundrevision vorzunehmen, weil das ödematöse, hyperämische Gewebe jedem Finger- und Instrumentendruck nachgibt und ein großer iatrogener Schaden entstehen kann. Die einfache Entlastung des Abszesses ist als Ersteingriff völlig hinreichend und eine definitive Versorgung des Fistelleidens nicht unbedingt anzustreben. Der Patient sollte bereits präoperativ über diese Zusammenhänge aufgeklärt werden.

Supralevatorische Abszesse

Eine wichtige Besonderheit stellen supralevatorische (pelvirektale) Abszesse dar. Sie können sich aus einer intersphinktären aufsteigenden Infektion entwickeln, die dann supralevatorisch einen Abszess ausbildet. Diese Abszesse dürfen keinesfalls durch eine Inzision behandelt werden, die das ischioanale Fettgewebe und die Levatoren durchtrennt, denn dann wäre eine supralevatorische Fistel iatrogen entstanden, die später schwierig zu versorgen ist. Bei diesen supralevatorischen Abszessen wird die innere Fistelöffnung erweitert, indem der Internus-Muskel eingeschnitten wird. Dadurch wird der Abszess entlastet und zur Ausheilung gebracht. Nur wenn der supralevatorische Abszess durch den ungewöhnlichen Fall einer transsphinktären Fistel entstanden ist, sollte er auch ischioanal drainiert werden. Bei allen supralevatorischen Abszessen sollte unbedingt an Manifestationen eines Morbus Crohn, einer Divertikulitis oder eines Douglasabszesses gedacht werden, denn nicht immer liegt ein kryptoglandulärer Prozess vor.

Korrekte Art, einen supralevatorischen Abszess zu drainieren.

Hufeisenabszess

In seltenen Fällen hat sich die Entzündung wie ein Hufeisen um den Anus ausgebreitet. Früher wurde die sehr großzügige Freilegung empfohlen, die zu einem extremen Weichteildefekt führte. Heute werden mehrere Inzisionen bevorzugt, durch die für die ersten Tage weiche Drainagen gezogen werden, um ein Verkleben der Wundränder zu vermeiden. Durch regelmäßige Spülungen heilen auch diese Abszesse. Generell sollte man aber bei allen Abszessen, deren Heilung nicht optimal erscheint, eine erneute Revision in Narkose erwägen, um weitere undrainierte Höhlen zu öffnen und adäquat zu drainieren.