Proktologische Untersuchung
Diagnostik und effektive Behandlung aller proktologischen Krankheitsbilder setzen viel Erfahrung voraus. Wie bei allen anderen Erkrankungen beginnt sie mit einer gezielten Anamnese und sorgfältigen anorektalen Untersuchung. Weitere Spezialuntersuchungen (Endoskopie, Endosonographie, Manometrie, Defäkographie usw.) werden je nach Befund gezielt angefordert.
Klinik
Da die meisten Beschwerden wie Blutungen, Schmerzen, Druckgefühl, Schwellungen und Sekretionen relativ unspezifisch sind, können sie nur gemeinsam mit dem Untersuchungsbefund gedeutet werden. Es gibt kaum eine proktologische Erkrankung, die nicht in geringem Ausmaß bluten kann. Bei einer Blutung sollte gefragt werden, wie viel Blut verloren wurde, welche Farbe das Blut hatte und in welcher Beziehung es zum Stuhlgang auftrat. Als häufigste Ursache gilt zwar die Hämorrhoidalblutung, aber ein Tumor sollte als Differentialdiagnose immer erwogen und möglichst ausgeschlossen werden. Schmerzen können vielfach direkt dem Rektum oder Anus zugeordnet werden. Bei Erkrankungen des Rektums klagen Patienten nämlich in der Regel über schwer lokalisierbare, dumpfe (viszerale) Schmerzen. Da die Schleimhaut unsensibel ist, werden lediglich Irritationen der Rektumwand wahrgenommen. Anders sind die eindeutig lokalisierten (somatischen) Schmerzen des Anoderms, die als spitz oder scharf empfunden werden.
Untersuchung
Die anorektale Untersuchung ist bei Erkrankungen des Rektums und des Anus obligatorisch und folgt einem klaren Ablauf, es sei denn die Erkrankung verhindert ein routinemäßiges Vorgehen. Persönlich wird die Linkseitenlage bevorzugt. Grundsätzlich ist eine Untersuchung auch in Knie-Ellenbeuge-Lage (urologisch) oder Steinschnittlage (gynäkologisch) möglich.
Inspektion
In Linksseitenlage wird die rechte Pobacke mit der linken Hand hochgezogen und gibt damit selbst bei adipösen Patienten die Sicht auf den Anus frei. Die behaarte Haut hört an der Anokutanlinie auf, die gut identifizierbar ist. Ein normaler Anus ist radiär eingezogen. Pathologische Befunde wie Ekzeme, Kondylome oder andere Tumore, Marisken, Fistelöffnungen, Narben, Perianalvenenthrombosen, prolabierte oder thrombosierte Hämorrhoiden können bereits inspektorisch diagnostiziert werden.
Palpation
Bei der nachfolgenden Palpation wird der perineale Bereich mit der rechten Hand auf Schmerzen und Verhärtungen untersucht. Generell wird mit aller Vorsicht und Sorgfalt untersucht, um dem Patienten Schmerzen zu ersparen. Der mit einem Gleitmittel überzogene Finger legt sich zunächst vor den Anus, um einen Sphinkterspasmus auszuschließen. Danach wird er vorsichtig und langsam in den Analkanal vorgeschoben. Hier kann der Unterrand des M. sphincter ani internus meistens gut getastet werden. Beim Einführen des Fingers wird der Ruhetonus des Patienten abgeschätzt. Dazu sollte sich der Patient aber unbedingt entspannen.
Schließmuskelfunktion
Da für die meisten Menschen die Einführung eines Gegenstandes in den Anus ungewohnt und peinlich ist, spannt der Patient den M. sphincter ani externus unwillkürlich an. Bei Patienten, die mit dem analen Einführen vertraut sind, entspannt sich der Anus eher. Nachdem sich der Finger im Analkanal befindet, wird er ausgetastet, um Verhärtungen oder Unebenheiten auszuschließen. Der Patient wird aufgefordert, den Schließmuskel anzuspannen, um den Kneifdruck zu überprüfen. Der Finger wird dann dorsal über den oberen Analrand auf die Puborektalisschlinge gelegt. Der Patient wird aufgefordert den Schließmuskel anzuspannen und einzuhalten. Dabei kann die Funktion der Puborektalisschlinge abgeschätzt werden. Bei der weiteren Palpation wird nicht nur die Rektumschleimhaut, sondern auch die Beckenbodenmuskulatur untersucht. Jede digitale Untersuchung wird so weit nach kranial vorgenommen wie irgend möglich. Bei Männern wird dabei die Prostata und bei Frauen die Zervix untersucht.