Dünndarmischämie

Der Gastrointestinaltrakt kann in allen Abschnitten ischämisch werden, wobei es Prädilektionsstellen am Dünn- und Dickdarm gibt. An Magen, Duodenum und Rektum ist eine Ischämie extrem selten, weil in der Regel eine ausreichende Kollateralisation besteht. Obgleich die Durchblutungsstörungen sowohl am arteriellen als auch am venösen Schenkel auftreten, sind arterielle klinisch bedeutsamer. Als Embolie oder Thrombose im Strömungsgebiet der A. mesenterica superior treten sie akut in Erscheinung und als Angina abdominalis bei einem chronischen Verschluss im Rahmen einer Atherosklerose. Aufgrund der multiplen Kollateralen zwischen den Stromgebieten des Truncus coeliacus, der A. mesenterica superior und inferior werden die chronischen Ischämien erst bei ausgeprägten Stenosierungen symptomatisch. In diesen seltenen Fällen kann durch gefäßchirurgische Eingriffe (Neuimplantation der A. mesenterica superior oder Bypass) die Blutversorgung verbessert werden.

Venöse Thrombose

Die venöse Thrombose der V. lienalis, V. mesenterica superior oder Pfortader ist selten und in ihrer klinischen Ausprägung sehr variabel. Sie kann sich in einem dramatischen Krankheitsbild mit ausgeprägter Hypovolämie zeigen, indem sich die Flüssigkeit in der Abdominalhöhle umverteilt, oder sie kann weitgehend asymptomatisch verlaufen.

Klinik

Bei einem akuten mesenteriellen Verschluss treten starke abdominelle Schmerzen auf, die nicht eindeutig lokalisierbar sind. Eine gleichzeitige kardiale Anamnese oder Atherosklerose sind richtungsweisend, erlauben aber keine eindeutige Zuordnung zu einer Embolie oder Thrombose. In der Hälfte der Fälle gesellen sich blutige Durchfälle und Bauchkrämpfe hinzu. Die Peristaltik kann vermehrt sein mit einem geringgradig geblähten Abdomen. Die akuten Schmerzen gehen nach einigen Stunden typischerweise in ein beschwerdefreies Intervall über, um sich danach durch eine Peritonitis erneut zu offenbaren. Eine ausgeprägte Leukozytose oder metabolische Azidose bzw. Laktatanstieg sind bedrohliche Zeichen und sollten zu einer raschen Behandlung drängen.

Diagnostik

Bei jedem Verdacht auf eine Durchblutungsstörung ist eine rasche Diagnostik und Entscheidungsfindung nötig. Im akuten Stadium oder bei multimorbiden Patienten ist unverzüglich ein Angio-CT mit Kontrastmittel angezeigt, das relativ zuverlässig fortgeschrittene Durchblutungsstörungen großer Gefäße, Lufteinschlüsse in der Darmwand oder Verdickungen der Darmwand ausschließen kann. Ein unauffälliges CT schließt aber eine manifeste Durchblutungsstörung nicht aus. Bei Verdacht auf eine Angina abdominalis ist die gezielte dopplersonographische Untersuchung richtungsweisend. Sie wird durch eine Angiographie ergänzt, wenn der Verdacht sonographisch nicht ausgeräumt wurde.

Operationsindikation

Bei manifesten Durchblutungsstörungen des Darmes ist eine dringliche operative Inspektion erforderlich, um das Ausmaß der Ischämie abzuschätzen und die Ursache zu beseitigen. Bei Patienten mit einem deutlich verminderten Herzminutenvolumen kann eine nicht-okklusive mesenterialen Ischämie mit ausgeprägter Vasokonstriktion im Splanchnikusbereich auftreten. Da es meistens nicht gelingt, die Herzauswurfleistung zu verbessern oder die notwendige Katecholaminapplikation zu reduzieren, werden die ischämischen Teile des Darmes reseziert. Die Prognose ist bei ausgedehnten Ischämien und gleichzeitigem Multiorganversagen extrem schlecht. Bei einer Mesenterialvenenthrombose ohne akutes Abdomen ist zunächst eine konservative Therapie mit Heparinisierung angezeigt. Nur wenn Hinweise auf eine Gangrän oder Peritonitis vorliegen, wird operiert.

Operation

Der intraoperative Befund bestimmt das Vorgehen. Bei lokalisierten Durchblutungsstörungen ist eine Resektion des Darmabschnittes angezeigt. Manchmal ist bei multiplen Nekrosen oder Perforationen des Kolons sogar eine Kolektomie indiziert. Bei einer Strangulation oder Invagination erholt sich häufig der Darm, so dass eine Resektion nicht unbedingt erforderlich ist. Bei fraglicher Prognose und in Abhängigkeit vom Gesamtzustand des Patienten sollte nicht gezögert werden, den proximalen Darmabschnitt als Stoma auszuleiten. Bereits beim Ersteingriff wird festgelegt, wann der Situs erneut inspiziert werden sollte. Bei umschriebenen Nekrosen ohne begleitende Peritonitis kann eine Anastomose angelegt werden. Hier empfiehlt sich allerdings unbedingt eine Inspektion nach 24 Stunden, um die Durchblutungssituation erneut zu beurteilen. Keinesfalls sollte das Risiko des Patienten durch eine gefährdete Anastomose unnötig erhöht werden. Sehr selten liegt eine arterielle Embolie oder Thrombose direkt am Abgang der A. mesenterica superior vor. Über einem Ballon-Katheter wird der Embolus beseitigt und die quere Arteriotomie mit einer Naht oder autologen Patchplastik verschlossen. Bei einem chronischen Verschluss und bekannter Angina abdominalis sollte angiographisch überprüft werden, ob die Stenosen dilatiert werden können oder besser ein Stent implantiert werden sollte. Selten ist ein Venen-Bypass zwischen Aorta und A. mesenterica superior angezeigt.