Magen – Blutung
Blutungen aus dem oberen Gastrointestinaltrakt haben ihre Ursache meistens in peptischen Ulzera, Varizenblutungen oder einem Mallory-Weiss-Syndrom. Es handelt sich um Krankheitsbilder, die primär endoskopisch diagnostiziert und behandelt werden, wobei sich die Dringlichkeit nach dem klinischen Erscheinungsbild und der Dynamik der Blutung richtet.
Klinik
Die Patienten präsentieren sich durchweg mit Hämatemesis oder Teerstuhl und seltener mit peranalen Blutabgängen. Bei der klinischen Untersuchung wird zunächst die Herz-Kreislauf-Situation berücksichtigt und alle Maßnahmen eingeleitet, um den Patienten zu stabilisieren. Nur in ganz extremen Situationen gelingt es nicht, den Patienten für die endoskopische Diagnostik und Blutstillung zu optimieren. In diesen Fällen wird der Patient sofort operiert, allerdings ist die Prognose ungünstig.
Diagnostik
Meistens ist der Patient stabil und wird unter laufender Infusionstherapie und Gabe von Erythrozytenkonzentraten endoskopiert, um die Blutungsquelle eindeutig zu lokalisieren.
Endoskopie
Blutungen aus gastroduodenalen Geschwüren werden endoskopisch nach Forrest eingeteilt. Diese Einteilung gemeinsam mit der klinischen Allgemeinsituation und erfolgreichen endoskopischen Blutstillung legen das weitere Vorgehen fest. Schleimhautdefekte bei einem Mallory-Weiss-Syndrom werden zur Blutstillung unterspritzt. Varizenblutungen werden ebenfalls endoskopisch gestillt (s. Leber).
Einteilung der Ulkusblutungen nach Forrest
Stadium 1a | Aktive arteriell-spritzende Blutung |
Stadium 1b | Sickerblutung |
Stadium 2a | Sichtbarer Gefäßstumpf |
Stadium 2b | Koagel auf dem Ulkus |
Stadium 2c | Dunkler Ulkusgrund |
Stadium 3 | Kein Zeichen der aktiven Blutung |
Endoskopische Blutstillung
Zur endoskopischen Blutstillung stehen heute die Unterspritzung mit Adrenalin und Fibrin zur Verfügung. Gefäßstümpfe können mit einem Clip sicher versorgt werden. Kleinere diffuse Blutungen werden zusätzlich mit dem Argon-Beamer gestillt. In erfahrenen Händen gelingt fast immer eine Blutstillung. Lediglich Blutungen aus sehr großen Gefäßen, wie der A. gastroduodenalis, müssen manchmal notfallmäßig operativ gestillt werden.
Prognose
Die Komplikationsrate und Sterblichkeit einer Ulkusblutung hängt neben den endoskopischen Gegebenheiten auch von der Blutungsdynamik und den Begleiterkrankungen des Patienten ab. Wenn es sich um eine chronische, geringe Sickerblutung mit einem noch hohen Hämoglobinspiegel handelt, ist die Prognose sehr günstig. Stellt sich der Patient dagegen deutlich anämisch (Hb <7 g/dl) vor und benötigt er mehr als fünf Erythrozytenkonzentrate innerhalb der ersten 12 Stunden, dann ist die Situation ungünstiger. Als weitere Risikofaktoren werden ein Alter über 60 Jahre und schwere Begleiterkrankungen (chronische Niereninsuffizienz, Leberschädigung) angesehen. Alle genannten Faktoren beeinflussen letztlich die Entscheidung, ob und wann eine operative Blutstillung erfolgen soll.
Operationsindikation
Nur die wenigsten oberen gastrointestinalen Blutungen werden heutzutage operativ versorgt, weil nach einer erfolgreichen endoskopischen Blutstillung und Behandlung mit einem Protonenpumpenhemmer drei Viertel aller Patienten nicht mehr bluten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es erneut blutet, hängt vom primären Forrest-Stadium und der Lokalisation des Ulkus ab. So sind Ulzera in der Nähe größerer Gefäße, also an der Duodenalhinterwand und kleinen Kurvatur, besonders rezidivgefährdet. Forrest-Ia- und -IIa-Blutungen weisen ebenfalls auf größere Gefäße hin und neigen zur erneuten Blutung. Da aber auch Rezidivblutungen erneut endoskopisch gestillt werden können, ist bei einer Rezidivblutung nicht immer die Operation indiziert. Erst bei ungünstigen lokalen Gegebenheiten und schweren Begleiterkrankungen des Patienten sollte eine operative Blutstillung erwogen werden.
Konservative Therapie
Bei erfolgreicher Blutstillung einer Forrest-I- oder -II-Blutung wird der Patient auf die Überwachungsstation verlegt. Der Kreislauf wird weiter stabilisiert und der Hb-Wert kontrolliert. Der stabile Patient kann oral mit Trinknahrung ernährt werden, weil bei der geplanten oder notfallmäßigen Endoskopie eventuelle flüssige Reste ohne Probleme abgesaugt werden können. Ein Risikopatient bleibt allerdings nüchtern, wenn eine Operation droht. Eine hochdosierte Therapie mit Protonenpumpenhemmern wird eingeleitet, um die Säurebildung maximal zu blockieren. Dazu erhält der Patienten z. B. 2mal 40 mg Omeprazol i.v.. Bei einer Nieren- oder Leberinsuffizienz ist die Dosierung auf 50 bzw. 25 Prozent zu reduzieren. Bei Patienten über 70 Jahre wird die Dosierung ebenfalls um 50 % reduziert. Ab dem dritten Tag wird 2 x 40 mg Omeprazol oral gegeben. 24 Stunden nach der ersten Endoskopie oder bei erneuten Anzeichen einer Blutung wird die Endoskopie wiederholt. Wenn bei der zweiten Endoskopie keine aktive Blutung mehr nachweisbar ist, wird nach 48 bis 72 Stunden erneut endoskopiert bis ein Forrest-III-Stadium beschrieben wird. Alle Patienten mit einer Forrest-III-Blutung werden auf die normale Station gelegt, enteral vollständig ernährt und erhalten 2 x 20 mg Omeprazol zur Langzeittherapie.
Operation
Das Ziel der Operation ist eine sichere Hämostase und Verhinderung einer erneuten Blutung. Das genaue Vorgehen richtet sich nach der Lokalisation. Ein blutendes Ulcus duodeni befindet sich in der Regel an der Hinterwand. Der Bulbus wird im Längsverlauf durchtrennt, das Ulkus aufgesucht und umstochen. Dabei ist der besondere Gefäßverlauf der A. gastroduodenalis und die Abzweigung der A. pancreaticoduodenalis superior zu beachten. Die Duodenotomie wird sorgfältig verschlossen. Die Lehrbücher beschreiben zusätzlich die gezielte Umstechung der A. gastroduodenalis am Abgang der A. hepatica communis, die nach persönlicher Einschätzung so gut wie niemals möglich ist, weil bei einem fortgeschrittenen Ulkusleiden eine exakte Präparation in diesem Bereich sehr schwierig bzw. nicht ratsam ist. Kaudal des Bulbus duodeni könnte die A. pancreaticoduodenalis superior und A. gastroepiploica dextra umstochen werden, was aber nicht sinnvoll ist, wenn der Zufluss von der A. gastroduodenalis offen ist. Relativ häufig sind ebenfalls blutende Ulzera an der kleinen Kurvatur. Diese können exzidiert oder nur umstochen werden, wobei nach Exzisionen weniger Rezidivblutungen auftreten. Wenn die Blutungsquelle nicht eindeutig endoskopisch lokalisierbar ist, dann wird nach der Oberbauchlaparotomie der Magen-Darm-Trakt sorgfältig exploriert. Über eine Gastrotomie oder Duodenotomie kann die Blutungsquelle aufgespürt und gestillt werden.
Interventionelle Blutstillung
Bei Patienten in einem reduzierten Allgemeinzustand, mit schwerwiegenden Nebenerkrankungen oder nach mehrfachen Oberbaucheingriffen sollte eine Angiographie mit interventioneller Blutstillung erwogen werden.