Magenkarzinom

Gutartige Tumoren des Magens sind selten. Treten singuläre oder multiple Adenome im Magen auf, so sollten sie unbedingt entfernt werden, weil sie wie im Kolon obligate Präkanzerosen darstellen. Maligne Tumoren sind im Magen sehr viel häufiger, wobei das Magenkarzinom am häufigsten ist gefolgt von Lymphomen und Stromatumoren.

Epidemiologie

Die jährliche Inzidenz des Magenkarzinoms nimmt in den letzten beiden Jahrzehnten kontinuierlich ab. Als wichtigste Risikofaktoren für ein distales Karzinom gelten die Infektion mit Helicobacter pylori (6faches Risiko) und die chronisch-atrophische Gastritis (5,7faches Risiko). Andere Risikofaktoren sind Alter, ein niedriger sozialer Status, eine intestinale Metaplasie, Adenome, frühere Ulcera, frühere Magenteilresektion, N-Nitroso-Verbindungen, Rauchen, Blutgruppe A und eine positive Familienanamnese. Für proximale Karzinome gelten Übergewicht und eine gastroösophageale Refluxkrankheit als Risikofaktoren.

Tumorstadien

Magenkarzinome werden traditionellerweise in Frühkarzinome und fortgeschrittene Karzinome eingeteilt. Diese verschiedenen Karzinome sind keine unterschiedlichen Entitäten, sondern sie haben nur unterschiedliche Prognosen. Beim Frühkarzinom handelt es sich um ein T1-Karzinom, das auf die Mukosa und Submukosa beschränkt ist, wobei der Lymphknotenstatus bei dieser Einteilung unberücksichtigt bleibt. Es wäre wünschenswert, diese Unterscheidung abzuschaffen und die Karzinome ausschließlich nach dem TNM-System einzuteilen. Bei der TNM-Klassifikation ist zu berücksichtigen, dass nicht mehr die Entfernung des Lymphknotens vom Tumor, sondern die Anzahl der Lymphknotenmetastasen relevant ist.

Screening-Gastroskopie

Eine Gastroskopie im Rahmen eines Screening-Programms ist bei uns bisher nicht etabliert, weil die Inzidenz des Magenkarzinoms gering ist. Eine Gastroskopie wird erst bei Alarmsymptomen wie Gewichtsabnahme, Dysphagie, Erbrechen, Anämie oder Appetitlosigkeit empfohlen, wobei die Tumoren in diesen Fällen bereits fortgeschritten sind. Es gibt keine serologischen Laborwerte, die zum Screening geeignet sind.

Lokalisation

Während das Magenkarzinom früher eher im distalen Abschnitt auftrat, ist eine Zunahme von proximalen Karzinomen auffällig, ohne dass diese Erscheinung eindeutig und monokausal erklärt werden kann. Möglicherweise unterliegen die Tumoren in den unterschiedlichen Abschnitten auch einer unterschiedlichen Ätiologie, weil sie sich in ihrem Altersgipfel, der Geschlechts- und soziologischen Verteilung unterscheiden. Die Abnahme des Helicobacter pylori wird als ein möglicher kausaler Faktor angesehen, dass das distale Karzinom abnimmt.

Laurén-Klassifikation

Histologisch handelt es sich bei Magenkarzinomen fast ausschließlich um Adenokarzinome (90 %), die in papilläre, tubuläre, muzinöse und Siegelringkarzinome (ca. 10 %) eingeteilt werden, wobei die letzteren eine besonders schlechte Prognose aufweisen. Im klinischen Alltag wird die Laurén-Klassifikation dazu verwendet, über das Ausmaß der Resektion zu entscheiden. Lauren unterschied histologisch zwischen Tumoren vom intestinalen und vom diffusen Typ. Intestinale Tumore zeigen drüsenähnliche Zellverbände, sind gut zum Nachbargewebe abgrenzbar, metastasieren häufiger hämatogen und haben eine günstigere Prognose. Ein Sicherheitsabstand von 5 cm wird als ausreichend erachtet. Diffuse Karzinome sind dagegen schlechter abgrenzbar zum angrenzenden Gewebe, weisen eher ein infiltrierenden Charakter auf und neigen zur Peritonealkarzinose mit einer schlechteren Prognose. Deshalb wird bei diesen Tumoren ein Abstand von 8 cm empfohlen.

TNM-Klassifikation

Das T-Stadium entspricht der Tiefenausdehnung des Tumors.

T1-Stadium Infiltration der Lamina propria (a) oder der Submukosa (b)
T2-Stadium Infiltration der Muskularis propria
T3-Stadium Infiltration der Subserosa
T4-Stadium Infiltration viszerales Peritoneum (a) oder anderer Organe (b)

Das N-Stadium entspricht der Ausbreitung entlang der Lymphknoten.

N0-Stadium Keine Lymphknotenmetastasen
N1-Stadium Metastasen in 1-2 regionären Lymphknoten
N2-Stadium Metastasen in 3-6 regionären Lymphknoten
N3-Stadium Metastasen in 7-15 regionären Lymphknoten (a) oder mehr als 15 (b)

Das M-Stadium entspricht der Fernmetastasierung.

M0-Stadium Keine Fernmetastasen
M1-Stadium Fernmetastasen

Spezielle Gegebenheiten werden in der TNM-Formel durch Suffixe angegeben:
c – Klinisches Stadium
p – histologisch gesichertes Stadium
y – Stadium während oder nach onkologischer Vorbehandlung
r  – Stadium eines Rezidivtumors
m – multifokale Läsionen

Prognose

Für die Prognose nach einer R0-Resektion sind die Tiefeninfiltration, regionale Lymphknotenmetastierung und Fernmetastasierung von ausschlaggebender Bedeutung. Die meisten Karzinome sind zum Zeitpunkt ihrer Diagnose bereits fortgeschritten und weisen Lymphknotenmetastasen auf. Dabei folgt die lymphatische Metastasierung dem Lymphstrom und richtet sich nach der Lokalisation des Tumors, so dass für unterschiedliche Tumorlokalisationen auch verschiedene Lymphknotenstationen relevant sind.

Wahrscheinlichkeit von Lymphknotenmetastasen in Abhängigkeit vom T-Stadium

T1a Muscularis mucosae 4–5 %
T1b Submukosa 15-20 %
T2 Muscularis propria 45-50 %
T3 Subserosa 65-70 %
T4a Serosa 75-80 %
T4b Andere Organe 90-95 %

Lymphknotenmetastasierung

Die Wahrscheinlichkeit einer lymphatischen Metastasierung steigt mit der Tiefenausdehnung des Tumors. Zuerst werden die tumornahen Lymphknoten am Magen befallen und danach die weiter entfernten. Bei einem Magenfrühkarzinom, bei dem lediglich die Mukosa infiltriert wurde, sind Lymphknotenmetastasen selten (<5 %). Bei einer Infiltration der Muscularis propria beträgt sie dagegen bereits 50 Prozent und umfasst nicht nur die Lymphknoten im Kompartiment I, sondern in ungefähr 25 Prozent der Fälle auch das Kompartiment II. Bei einer Infiltration der Subserosa finden sich im Kompartiment II bereits in 40 Prozent der Fälle Lymphknotenmetastasen. Ist sogar das Kompartiment III befallen, dann entspricht dies nach der TNM-Klassifikation bereits einer Fernmetastasierung (MLymph) mit besonders schlechter Prognose.

Lymphadenektomie

Da die meisten Magenkarzinome bereits in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert werden, wird generell eine Resektion des zweiten Kompartiments empfohlen, d.h. eine so genannte D2-Lymphadenektomie, um die befallenen Lymphknoten in diesem Kompartiment zu entfernen. Wird bei der Resektion lediglich das Kompartiment I entfernt, das bei jeder Gastrektomie automatisch beseitigt wird, dann entspricht dies einer D1-Lymphadenektomie.

Inwieweit eine D2-Lymphadenektomie zur optimalen operativen Therapie aber tatsächlich erforderlich ist, bleibt weiterhin umstritten. In den der deutschen Leitlinie wird sie empfohlen, obgleich die Datenlage dagegen spricht. Während nicht-kontrollierte Studien oder Vergleiche mit historischen Kollektiven eine Überlegenheit der D2-Lymphadenektomie im Vergleich zur D1-Lymphadenektomie vermuten lassen, konnte diese Annahme in mehreren multizentrischen kontrollierten Studien nicht bestätigt werden. Es scheint nach der Datenlage theoretisch denkbar, dass Patienten mit einem Stadium II oder IIIa von der ausgedehnteren Lymphadenektomie profitieren könnten. Da präoperativ das definitive Stadium nicht sicher vorhergesagt werden kann, führen viele Chirurgen weiterhin bei allen Patienten eine D2-Lymphadenektomie durch, wobei sich die Sterblichkeit aber nicht erhöhen darf, weil die Überlebensvorteile durch eine D2-Lymphadenektomie so gering sind, dass sie sonst durch eine deutliche erhöhte postoperative Sterblichkeit wieder aufgewogen würden.

Klinik

Bei einem frühen Karzinom sind die Beschwerden unspezifisch und ähneln dem bei einem kleinen Ulkus. Erst fortgeschrittene Tumore verursachen ausgeprägte Symptome (Stenose oder Blutung).

Diagnostik

Vor der endgültigen Operationsplanung werden die relevanten Begleiterkrankungen und das klinische Tumorstadium ermittelt. Dazu ist neben dem Abdomen- und Thorax-CT auch eine Endoskopie mit Spezifikation der Lokalisation, Größe, und Histologie und Endosonographie erforderlich. Mit der Endosonographie kann die Größe und das T-Stadium relativ verlässlich bestimmt werden und sie gibt auch Hinweise auf Lymphknotenveränderungen. Vor jeder kurativen Operation sollte die Endosonographie zur Therapieplanung hernagezogen werden. Mit der Computertomographie wird nach Hinweisen einer weiteren Metastasierung, Infiltration in andere Organe oder Peritonealkarzinose gesucht. In unklaren Situationen kann ein MRT oder sogar ein PET-CT hilfreich sein.

Chemotherapie

Die Wertigkeit der neoadjuvanten Therapie beim potentiell kurativ resezierten Magenkarzinom ist dahingehend geklärt, dass Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren von einer Vorbehandlung profitieren. Als fortgeschrittene Tumoren gelten alle T3/T4-Tumoren und alle mit Lymphknotenmetastasen. Ob auch T2-Tumoren vorbehandelt werden sollten, wird unterschiedlich beurteilt. Eine adjuvante Therapie sollte in ausgewählten Fällen diskutiert werden. Bei fortgeschrittenen Befunden wird nach R0-Resektion von einigen Zentren die Radiochemotherapie empfohlen. In palliativen Situationen hat sich eine zusätzliche Chemotherapie ebenfalls bewährt. Sie scheint im Vergleich zur bloßen symptomatischen Therapie die Lebensqualität zu verbessern und durchschnittliche Überlebenszeit gering zu verlängern.

Operationsindikation

Eigentlich besteht bei fast allen Magenkarzinomen die Indikation zur chirurgischen Intervention. Lediglich bei einer Metastasierung kann von einer Operation abgesehen werden. Bei den potentiell kurativen Situationen kann sogar eine lokale Exzision in Betracht gezogen werden, wenn der Tumor auf die Mukosa beschränkt ist, denn hier beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Lymphknotenmetastasierung weniger als fünf Prozent. Allerdings werden nur wenige Karzinome bei uns so früh erkannt. Bei allen anderen Tumoren wird eine kurative Resektion angestrebt, wobei im Stadium III und IV mit einer hohen Rezidivrate gerechnet werden muss. Bei fortgeschrittenen Tumoren ohne Blutung oder Stenose sollte vor der Laparotomie die Laparoskopie erwogen werden, um beim Nachweis einer Peritonealkarzinose oder Fernmetastasierung die Laparotomie zu vermeiden. Diese Patienten haben trotz Chemotherapie nur eine geringe Lebenserwartung und bedürfen häufig keiner Resektion. Eine diagnostische Laparoskopie ist auch dann sinnvoll, wenn eine neoadjuvante Therapie erwogen wird und vor der Einleitung der Therapie eine Fernmetastasierung oder Peritonealkarzinose ausgeschlossen werden soll.

Ausmaß der Resektion

Die Ausdehnung der Magenresektion (Gastrektomie oder subtotale Resektion) richtet sich nach der Lokalisation des Tumors und dem histologischen Typ. Bei proximalen Magenkarzinomen oder fortgeschrittenen Kardiakarzinomen ist die Gastrektomie obligatorisch.

Eingeschränkte Resektion

Bei Frühkarzinomen, die auf die Mukosa beschränkt sind, ist eine endoskopische Resektion möglich, wenn der Tumor kleiner als zwei (ein) Zentimeter bei erhabenen (flachen) Typen ist, keine Lymphgefäßeinbrüche aufweist und nicht ulzeriert ist. Bei oberflächlichen Submukosakarzinomen (sm1) mit geringer Größe (<3 cm), guter Differenzierung (G1/G2) und ohne Gefäßeinbrüche wird ebenfalls eine endoskopische Resektion erwogen, weil das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung gering ist. Allerdings ist eine perfekte postinterventionelle pathologische Aufarbeitung notwendig, weil bereits eine tiefere Infiltration als sm1 das Risiko der Lymphknotenmetastasen rapide ansteigen lässt. Bei Tumoren im unteren Drittel kann eine distale Resektion erwogen werden, wenn ein ausreichender Sicherheitsabstand zum Resektionsrand eingehalten wird. Beim intestinalen Typ nach Laurén ist ein Abstand von 5 cm häufig ausreichend. Bei Tumoren vom diffusen Typ nach Lauren sollten 8 bis 10 cm nicht unterschritten werden. Bei kleineren Sicherheitsabständen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Tumorausläufer bis an den Resektionsrand reichen. Eine Schnellschnittuntersuchung der Resektionsränder wird die Situation definitiv klären.

Palliative Operation

In palliativen Situationen wird eine Operation nur bei einer Stenose, Blutung oder Perforation indiziert sein. Bei einer distalen Stenose kann zwischen einer Resektion des Tumors oder Anlage einer Gastroenterostomie gewählt werden. Bei einer proximalen Stenose käme auch eine Stent-Implantation in Betracht. Eine Resektion wird bei kleinen Tumoren nur bei Patienten in einem sehr guten Zustand erwogen, um die Lebensqualität nicht unnötig zu verschlechtern oder die Einleitung einer Chemotherapie zu verzögern.

Operation

Jede Resektion eines Magenkarzinoms beginnt mit einer Exploration der Abdominalhöhle, um ein fortgeschrittenes Tumorstadium auszuschließen. Insbesondere auf eine Peritonealkarzinose oder Krukenberg-Tumoren im kleinen Becken sind zu achten. Wird von vornherein ein fortgeschrittenes Tumorleiden vermutet, dann sollte mit einer Laparoskopie begonnen werden, um eine Peritonealkarzinose auszuschließen.

Resektion

Die Resektion beginnt mit dem Ablösen des großen Netzes vom Querkolon. Das Omentum majus wird nicht allein wegen potentieller Tumorabsiedlungen entfernt, sondern auch wegen der zu erwartenden Durchblutungsstörungen, weil alle versorgenden Gefäße durchtrennt werden müssen. Die A. gastroepiploica dextra wird mit den infrapylorischen Lymphknoten abgangsnah durchtrennt. Das Duodenum wird zirkulär bis zwei Zentimeter distal des Pylorus freipräpariert und mit dem Klammernahtgerät durchtrennt. Die kaliberschwache A. gastrica dextra wird abgangsnah und das kleine Netz entlang der Leber durchtrennt, wobei auf eine akzessorische linke Leberarterie geachtet werden sollte. Das Lig. gastrolienale mit den A. gastricae breves und Lig. gastrophrenicum werden disseziert und die distale Speiseröhre angeschlungen. Die A. und V. gastrica sinistra werden ebenfalls abgangsnah abgesetzt. Nachdem die Speiseröhre bei der Gastrektomie knapp oberhalb der Kardia durchtrennt wurde, wird das Resektat entfernt und die Schnittränder histologisch untersucht. Wurde die Lymphadenektomie nicht en bloc vorgenommen, dann wird während der Untersuchung der Schnittränder entlang der A. hepatica communis, dem Truncus coeliacus bis zur Aorta und der proximalen A. lienalis lymphadenektomiert.

Intraoperative Zytologie

Eine zytologische Untersuchung des Peritonealsekretes wird von einigen Chirurgen befürwortet, um ein fortgeschrittenes Tumorstadium zu dokumentieren. Allerdings lässt sich hinterfragen, welche Auswirkungen der zytologische Nachweis einer peritonealen Aussaat auf die Operation haben wird. Er ist sicherlich ein Indikator für eine schlechte Prognose und auf die hohe Wahrscheinlichkeit eines Tumorrückfalls, so dass sich aufwendige Rekonstruktionen der Darmpassage verbieten. Allerdings bedeutet der positive Nachweis nicht, dass die Peritonealkarzinose zwingend der Hauptmanifestationsort des Rezidives sein wird. Vielmehr wird durch den zytologischen Nachweis nur ein fortgeschrittenes Tumorleiden dokumentiert, dass häufiger metastasiert als lokoregionär rezidiviert. Deshalb verbessert in diesen Fällen eine ausschließliche intraperitoneale Chemotherapie auch nicht das Überleben.

Splenektomie und Pankreasschwanzresektion

Die früher übliche Splenektomie wird vermieden, weil sie die postoperative Komplikationsrate deutlich erhöht, ohne die Radikalität zu verbessern. Nur bei verdächtigen Lymphknoten im Milzhilus sollte die Milz unbedingt entfernt werden. Bei einer zusätzlichen Pankreasschwanzresektion steigt die Komplikationsrate ebenfalls massiv an, wobei nicht nur Pankreasfisteln gehäuft auftreten, sondern auch Anastomoseninsuffizienzen. Das Pankreas sollte deshalb nur bei direkter Tumorinfiltration reseziert werden. Wenn nötig, wird deshalb eine alleinige Splenektomie mit Lymphadenektomie entlang der A. lienalis empfohlen. Bei fortgeschrittenen Tumoren können das Querkolon, Pankreas oder der linke Leberlappen infiltriert sein. Wenn sich keine Peritonealkarzinose oder Lebermetastasen finden, kann die ausgedehnte Resektion als potentiell kurativer Versuch angesehen werden. Bei nachgewiesener Metastasierung ist eine solche ausgedehnte Resektion kaum zu rechtfertigen. Hier kann eine limitierte Resektion angezeigt sein.

Rekonstruktion

Für die Rekonstruktion nach Magenresektion wird eine geeignete Jejunalschlinge ausgewählt, die eine optimale Durchblutung aufweisen sollte. Dazu wird in der Regel die 2. oder 3. Jejunalschlinge verwendet, die meistens eine gute Randarkade besitzt und gut gestielt werden kann, um eine spannungsfreie Anastomose herzustellen. Die Gefäßversorgung wird dazu unter Diaphanoskopie des Mesenteriums sichtbar gemacht und diejenigen Stammgefäße ausgewählt und markiert, die durchtrennt werden sollen. Sehr häufig wird nach Gastrektomie eine Rekonstruktion nach Roux-Y gewählt, d.h. es wird eine End-zu-Seit-Jejunojejunostomie ungefähr 50 cm vom oralen Ende angelegt. Diese lange Distanz zum oralen Ende soll einen alkalischen Reflux verhüten.

Jejunum-Interponat

Inwieweit statt der direkten Ösophagojejunostomie lieber eine ösophagoduodenale Interposition mit einem Jejunum-Interponat gewählt werden sollte, ist umstritten. Wenn eine Interposition angestrebt wird, dann wird ein 40 -45 cm langes Jejunalsegment ausgewählt und skelettiert. Der Dünndarm wird retrokolisch in das Magenbett gezogen und anastomosiert. Als klinische Vorteile einer bestehenden Duodenalpassage werden eine verbesserte Glucoseutilisation sowie Calcium- und Eisenresorption angesehen.

Pouch und Jejunoplicatio

Die Wahl der Rekonstruktion richtet sich nach der Prognose des Patienten, denn die aufwendigeren Rekonstruktionsverfahren offenbaren erst im längeren Beobachtungsverlauf ihre geringen Vorteile. Die Funktionen des Magens wie Reservoirfunktion, Zerkleinerung, verzögerte Entleerung und Refluxbarriere können von allen Rekonstruktionsverfahren nicht ersetzt werden. Von einigen Chirurgen wird ein Jejunal-Pouch mit einer Länge von ungefähr 15 cm angelegt, der noch mit einer Jejunoplicatio versehen werden kann, um die Anastomose zu decken. Eine sichere Barriere zur Verhütung des alkalischen Refluxes läßt sich dadurch aber nicht herstellen. Hierzu ist vielmehr auf eine ausreichende Distanz zwischen dem Ösophagus und der Roux-Y-Anastomose zu achten.

Komplikationen

Die postoperative Sterblichkeit nach Magenresektionen ist in den letzten Jahren sehr stark gesunken und beträgt je nach Selektionsgrad ein bis fünf Prozent wobei sie nach einer Gastrektomie auch heute noch höher ist als nach einer distalen Resektion (0–3 %). Gleiches gilt für die Komplikationsrate (20–40 %). Anastomoseninsuffizienzen und intraabdominelle Infektionen stehen ganz im Vordergrund. Nach einer Gastrektomie ist in ungefähr fünf bis acht Prozent aller Fälle mit einer Insuffizienz zu rechnen. Nach subtotalen Magenresektionen und einer Rekonstruktion nach Billroth-II sind Insuffizienzen seltener (1–3 %) als nach Billroth-I-Rekonstruktionen (3–5 %). Allerdings scheint auch das Ausmaß der Lymphadenektomie die Insuffizienzrate nach einer distalen Resektion deutlich zu erhöhen.

Pankreasfisteln

Eine Pankreasfistel nach Splenektomie oder Pankreasresektion kann häufig durch ein konservatives Vorgehen abheilen, wenn der Ductus pancreaticus nach proximal keine Stenose aufweist, der Pankreassaft somit leicht abfließen kann, und wenn die Fistel gut drainiert ist. Besteht postoperativ der Verdacht auf eine Pankreasfistel, dann wird der Amylasegehalt des Drainagesekretes bestimmt. Ist der Gehalt hoch, dann sollte die Drainage nicht entfernt werden. Einige Chirurgen empfehlen nach Splenektomie und Pankreasresektion die Bestimmung des Amylasegehaltes aus der Drainageflüssigkeit am dritten und fünften postoperativen Tag, um eine Fistel auszuschließen. Wenn die Pankreasfistel gut drainiert ist, dann sollte die Drainage für mindestens 14 Tage belassen bleiben, damit sich ein stabiler Fistelkanal ausbilden kann. Die Drainage kann dann langsam gekürzt werden. Regelmäßige sonographische Untersuchungen sollten bestätigen, dass kein Verhalt besteht. Ein plötzliches Sistieren einer Fistel kann sowohl auf eine Ausheilung als auch eine Ableitungsstörung mit Verhalt hindeuten. Regelmäßige klinische und sonographische Untersuchungen werden rasch klären, ob nicht in Wirklichkeit eine unvollständige Fistelableitung vorliegt.

Splenektomie

Nach einer Splenektomie können ebenfalls Pankreasfisteln auftreten, wenn das Pankreas unbeabsichtigt verletzt wurde oder wenn die Durchblutung im Schwanzbereich gestört ist. Wenn beabsichtigt wird, die Milz mit der A. lienalis zu resezieren, dann sollte die A. lienalis erst distal des Abgangs der A. pancreatica dorsalis ligiert werden. Bei einer proximaler Ligatur kann die Durchblutung über kollaterale Gefäße im Pankreasparenchym zu gering sein, um den Pankreasschwanz ausreichend mit Blut zu versorgen.

Nachbehandlung

Eine erhöhte Menge an drainierter intraperitonealer Flüssigkeit ist nach ausgedehnten Resektionen aufgrund der großen Wundfläche und der durchtrennten kleinen lymphatischen Gefäße nicht ungewöhnlich. Inwieweit Drainagen überhaupt eingelegt werden sollten, ist nicht eindeutig geklärt. Im eigenen Vorgehen wird nach unkomplizierter Operation auf eine Drainage verzichtet. Nach Pankreasresektion wird immer eine Drainage eingelegt, um einen subphrenischen Abszeß bzw. eine Pankreasfistel adäquat zu drainieren. Die meisten Chirurgen drainieren auch die intestinalen Anastomosen.

Kostaufbau

Der Kostaufbau beginnt meistens nach zwei bis fünf Tagen mit flüssiger Kost, wenn man einen glatten Verlauf erwarten darf. Manche warten auf das Ergebnis der Kontrastmittelpassage, um dadurch eine Insuffizienz auszuschließen. Nach einer distalen Resektion sollte unbedingt beim Kostaufbau darauf geachtet werden, dass die Patienten nur kleine Mahlzeiten zu sich nehmen, um eine pralle Füllung des Magenrestes zu vermeiden.

Folgestörungen

Die Folgestörungen nach einer Gastrektomie sind vielfältig: Malabsorption, Malnutrition mit deutlicher Gewichtsabnahme, Dumping-Syndrome, alkalische Refluxösophagitis und Anämie. Bereits präoperativ sollte der Patient deshalb darüber aufgeklärt werden, dass er statt großer Mahlzeiten mehrere kleinere einnehmen sollte. Hyperosmolare Nahrungsmittel sollte er vermeiden. Pankreasenzympräparate können sehr hilfreich sein. Alle drei Monate sollten 1000 µg Vitamin B12 intramuskulär appliziert werden. Trotz optimaler Ernährung verlieren alle Patienten deutlich an Gewicht und bei manchen wird deshalb eine zusätzliche parenterale Ernährung erforderlich.