Ösophagus – Anatomie und Physiologie

Der Ösophagus beginnt etwa 15 cm von der Zahnreihe entfernt mit dem oberen Ösophagussphinkter (OÖS), passiert bei 25 cm die Trachealbifurkation und endet mit dem unteren Ösophagussphinkter (UÖS) am Mageneingang nach ungefähr 40–45 cm. Der tubuläre Ösophagus ist somit nur 25–30 cm lang.

Innen wird der Ösophagus von einem mehrschichtigen Plattenepithel ausgekleidet. Die Submukosa enthält ein ausgedehntes Gefäßnetz (Arterien, Venen, Lymphgefäße) und viel Bindegewebe (Kollagen). Die Muscularis propria besteht aus zwei Schichten, einer inneren zirkulären und einer äußeren longitudinalen Schicht. Die Muskelschicht wird nicht wie im restlichen Gastrointestinaltrakt von einer Serosa umschlossen, sondern von einem zarten periösophagealen Gewebe, das kleinere Gefäße und Nerven enthält. Die fehlende Serosa und das fehlende Mesenterium bedingen einerseits die gute Beweglichkeit des Ösophagus im Mediastinum und sind andererseits die Voraussetzung für eine stumpfe transhiatale Ösophagusresektion. Im oberen Mediastinum finden sich allerdings festere Membranen zur Rückseite der Trachea, so dass die Trachea bei zu brüsken Manövern verletzt werden kann.

Oberer Ösophagussphinkter

Der obere Ösophagussphinkter entspricht anatomisch dem M. cricopharyngeus, der ungefähr 3 cm lang ist. Beim koordinierten Schluckakt muss er sich zeitgerecht relaxieren, damit die Speise aus dem Pharynx in den Ösophagus eintreten kann. Der hohe Ruhetonus des OÖS verhindert, dass bei der Atmung Luft in den Gastrointestinalraum übertritt. Der OÖS besteht aus Skelettmuskulatur und kann willkürlich kontrolliert werden. Auf der Rückseite des Kehlkopfes findet sich direkt oberhalb des M. cricopharyngeus eine Muskelschwäche, das Killian-Dreieck, und unterhalb das Laimer-Dreieck.

Tubulärer Ösophagus

Der tubuläre Ösophagus wird topographisch in einen zervikalen, thorakalen und abdominellen Teil eingeteilt, wobei die Pars cervicalis am Sternum und die Pars thoracalis am Hiatus oesophageus enden. Der tubuläre Ösophagus ist normalerweise kollabiert und weitet sich nur beim Schlucken der Nahrung. Er kontrahiert sich bis zu Drücken von 70–160 mmHg; beim Nußknackerösophagus kann er aber auch Drücke bis zu 400 mmHg aufbauen. Im Hiatus oesophageus ist der Ösophagus über 2–4 cm mit einer phrenikoösophagealen Membran verbunden, die als mobile Druckscheide zwischen Thorax und Abdomen fungiert und das Hindurchgleiten des Ösophagus durch den Hiatus erleichtert. Die Membran entsteht aus der Vereinigung der Fascia endothoracica und Fascia diaphragmatica inferior und wird bei jeder Mobilisation des distalen Ösophagus durchtrennt.

Topographische Anatomie der Speiseröhre und Abstand von der Zahnreihe in Zentimetern

Unterer Ösophagussphinkter

Der untere Ösophagussphinkter (UÖS) besteht aus drei Komponenten. Er ist kein zirkulärer Sphinkter wie der Pylorus oder Analsphinkter, sondern besteht aus dem Hiatus oesophageus, glatten Muskelfasern im distalen Ösophagus und einer speziellen Anordnung von Muskelfasern an der Kardia. In Ruhe ist der normale UÖS tonisiert und erschlafft nur reflektorisch beim Schluckakt, wenn die peristaltische Welle das proximale Drittel des Ösophagus passiert. Die Relaxation dauert durchschnittlich 5–10 Sekunden, wobei sich der UÖS zugleich 2 cm nach kranial bewegt. Der UÖS ist ca. 3–4 cm lang, baut einen Druck von 15–20 mmHg auf und kann durch Medikamente in seiner Aktion moduliert werden.

Gefäßsystem

Im zervikalen Anteil wird der Ösophagus durch die paarige A. thyroidea inferior und im thorakalen Anteil nur durch kleine Gefäße arteriell versorgt, die unmittelbar aus der Aorta entspringen. Jeweils ein kleines Gefäß zieht zum rechten und linken Hauptbronchus (Bronchialarterien) und versorgt dabei auch den Ösophagus. Im unteren thorakalen Abschnitt entspringen meistens zwei kleine Gefäße aus der Aorta. Beim transthorakalen Operieren werden die Gefäße ligiert und bei der stumpfen Dissektion zwangsläufig abgerissen. Die Blutungen sistieren aber fast immer spontan, indem sich die Gefäßstümpfe kontrahieren. Nur selten müssen sie zusätzlich umstochen werden. Lediglich Blutungen aus größeren Gefäßen wie der V. azygos führen bei der stumpfen Dissektion zu profusen Blutungen, die dann chirurgisch kontrolliert werden müssen. Um solche Verletzungen der V. azygos zu vermeiden, wird deshalb bei Tumoren in Höhe der Trachealbifurkation immer die Indikation zum transthorakalen Vorgehen gestellt.

Arterielle Versorgung der Speiseröhre

Venöse Versorgung der Speiseröhre

Lymphsystem

Die lymphatischen Kapillaren liegen in der Mukosa und drainieren in die größeren Lymphgefäße der Submukosa. Diese Lymphgefäße verlaufen in Längsrichtung des Ösophagus, so dass sich die Tumorzellen rasch über die gesamte Länge des Ösophagus ausbreiten können. Die Lymphe drainiert über das periösophageale Gewebe in zervikale, mediastinale und abdominelle Lymphknoten, wobei sich im Bereich der Trachealbifurkation embryologisch bedingt eine Art Lymphscheide befindet, denn oberhalb der Trachealbifurkation fließt die Lymphe vorzugsweise nach kranial und unterhalb der Bifurkation nach kaudal. Tumoren oberhalb der Trachealbifurkation metastasieren also lymphogen primär nach kranial. Sie infiltrieren auch früh andere Organe und haben deshalb eine schlechtere Prognose. Tumore im unteren Abschnitt sind dagegen häufiger operabel und metastasieren lymphogen primär nach kaudal.

Lymphabfluss in Abhängigkeit von der Lokalisation des Karzinoms

Chylus

Der Chylus besteht überwiegend aus Fett, das in Chylomikronen transportiert wird und die typische milchige Farbe hervorruft. Chylus enthält Cholesterin, Albumin, Immunglobuline und andere wichtige Nährstoffe. Der Mensch bildet 2,5-3,0 l Chylus am Tag, wobei eine fettreiche Nahrung die Produktion um das Mehrfache steigert.

Ductus thoracicus

Der Ductus thoracicus (DT) entspringt aus der Cisterna chyli, die sich meistens vor dem zweiten Lendenwirbelkörper befindet. Er verläuft durch den Hiatus aorticus zwischen Speiseröhre und Aorta bzw. V. azygos. Der DT enthält Klappen für eine gerichtete Flussrichtung, die unterstützt wird durch einen negativen transdiaphragmalen Druck und muskuläre Kontraktionen des DT. Der DT transportiert die Lymphe aus der unteren Extremität, dem Abdomen und der linken oberen Körperhälfte. Die rechte obere Körperhälfte wird vom Ductus lymphaticus in den rechten Venenwinkel drainiert.