Platzbauch
Bei jeder Laparotomie werden die tragenden Strukturen der Bauchdecke durchtrennt, so dass immer eine Fasziendehiszenz droht. Wenn sie akut auftritt, wird sie als Platzbauch bezeichnet, chronisch als Narbenbruch.
Ein Platzbauch ist mit ein bis zwei Prozent relativ selten. Nach der Diagnose ist er immer eine dringliche Operationsindikation, weil ein Vorfall der viszeralen Organe droht und die Viszera häufig nur noch von Haut bedeckt sind. Im postoperativen Verlauf ist immer dann ein Platzbauch zu vermuten und sicher auszuschließen, wenn sich plötzlich größere Sekretmengen über die Wunde entleeren. Selten klagen Patienten über vermehrte Schmerzen. In Allgemeinanästhesie wird unter sterilen Bedingungen die Bauchdecke wieder adäquat verschlossen. Die Ursache des Platzbauches ist meistens ein technischer Fehler beim Bauchdeckenverschluss. Wahrscheinlich wurde zu wenig Gewebe gefasst, so dass die Nähte ausrissen. Durch die postoperativ regelhaft auftretende Distension des Darmes und den erhöhten intraabdominellen Druck beim Husten und Pressen dehnt sich die Wunde und die Fäden können durch das Gewebe schneiden und ausreißen, wenn die gefasste Gewebebrücke zu schmal ist. Ein Platzbauch tritt gehäuft bei Risikopatienten mit „schlechtem Gewebematerial“ auf, bei denen ein direkter Verschluss erzwungen wurde, statt ein Netz zu implantieren. Natürlich können auch schlecht geknotete Knoten aufgehen oder es kann der Faden zerreißen, wenn er intraoperativ beschädigt wurde. Deshalb sollte bei der Operation kontrolliert werden, ob der Knoten erhalten ist und ob der Faden intakt ist.
Beanspruchung der Bauchwand
In experimentellen Studien wurde ermittelt, dass intraabdominelle Druckspitzen von 150 mmHg beim Husten und Pressen auftreten können mit durchschnittlichen Werten von 60 mmHg. Im Liegen beträgt der intraabdominelle Druck nur 1–2 mmHg und im Stehen ungefähr 10–12 mmHg. Unter maximaler Belastung ist die Beanspruchung also 50–100mal so hoch. Eine Fasziennaht muss diesen Kräften standhalten. Dazu ist zwar theoretisch eine Fadenstärke von 2-0 ausreichend, aber dünne Fäden schneiden schneller durch das Gewebe als dickere. Außerdem nimmt die Zugfestigkeit des Fadens bei dem resorbierbaren Material rasch ab, so dass nur Fäden der Stärke 0 die nötige Festigkeit für die ersten zwei Wochen aufweisen. Da bei ihnen bereits nach drei Wochen keine relevante Zugfestigkeit mehr nachweisbar ist und zu diesem Zeitpunkt die Faszie erst 50 Prozent ihrer Festigkeit aufweist, sollten nur langfristig resorbierbare Fäden der Stärke 1 oder 2 zum Faszienverschluss verwendet werden.
Liegen | 1-2 mmHg |
Stehen | 10-12 mmHg |
Husten | -150 mmHg |