Hautverschluss
Wundheilung
Primäre Wundheilung
Jeder operative Eingriff endet mit der Entscheidung, wie die Wunde verschlossen wird bzw. ob eine primäre oder sekundäre Wundheilung angestrebt werden soll. Bei der primären Wundheilung werden die Wundränder eng aneinander gelegt, so dass sie unter minimaler Narbenbildung rasch miteinander verschmelzen. Unter elektiven Bedingungen ist immer eine primäre Wundheilung erwünscht, weil sie kosmetisch am besten ist und die Integrität der Haut rasch wiederherstellt.
Sekundäre Wundheilung
Wird die Wunde dagegen offen gelassen oder klafft sie, dann heilt die Wunde sekundär, indem der Gewebedefekt zunächst mit Granulationsgewebe aufgefüllt wird und dann durch nachfolgende Wundkontraktion und Epithelisierung heilt. Bei den Verbandswechseln bzw. Wundrevisionen darf das Granulationsgewebe nicht zu stark geschädigt oder gar entfernt werden, weil es die entscheidende Barriere gegen eine drohende Keiminvasion ist und zugleich eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Defektheilung darstellt. Da sich die Wunde aufgrund der Wundkontraktion kontinuierlich mit ca. 1–2 mm/Tag verkleinert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Wunde verschließt bzw. epithelisiert. Wenn keine Störfaktoren vorliegen, verschließt sich letztlich jede Wunde mit der Zeit, so groß und tief sie auch erscheinen mag. Der Nachteil einer sekundär heilenden Wunde ist das relativ schlechte kosmetische Ergebnis, weil die Narbe meistens breit und eingezogen ist.
Keloide
Die hässliche Bildung von hypertrophen Narben oder Keloiden ist leider nicht immer vermeidbar. Obgleich bekannt ist, dass kräftig pigmentierte, junge Menschen besonders zur Keloidbildung neigen, ist der genaue Entstehungsmechanismus für dieses Phänomen noch nicht eindeutig geklärt. In der Proliferationsphase zeichnen sich diese Patienten durch eine anhaltende Fibroplasie aus. Während hypertrophe Narben im Bereich der ursprünglichen Narbe verbleiben, verhalten sich Keloide wie bindegewebige Pseudotumoren, die sich weiter ausbreiten. Die Therapie ist aufgrund der ungeklärten Ätiologie nicht kausal, sondern symptomatisch und prophylaktisch. Sie umfasst die Kryo- und Lasertherapie, Dermabrasio und Resektion mit Bestrahlung und die besondere Sorgfalt beim primären Wundverschluss.
Hautnaht
Hautnaht
Eine Hautwunde kann auf verschiedene Weise verschlossen werden: Durch eine primäre, primär verzögerte oder sekundäre Naht. Bei der primären Naht wird die Wunde direkt am Ende des Eingriffes verschlossen. Hier sei nochmals daran erinnert, dass in der katabolen Phase noch keine hinreichende Infektabwehr in der Wunde existiert und sie bei starker Keimbesiedlung gefährdet ist. Jede Naht führt außerdem zu einer lokalen Ischämie, die das obligatorische Wundödem verstärkt. Steht die Naht zusätzlich unter großer Spannung, dann verschlimmert sich die Ischämie, damit das Ödem und damit wiederum die Spannung, so dass an dieser Stelle eine Wundheilungsstörung vorprogrammiert ist.
Primär verzögerte Hautnaht
In einem nicht oder nur geringgradig kontaminierten Operationsgebiet wird immer versucht, alle iatrogen zugefügten Wunden primär zu verschließen. Anders verhält es sich bei stärker kontaminierten Wunden. Selbst bei ausgiebiger Spülung und systemischer Antibiose ist hier das Risiko deutlich größer, eine Infektion zu erleiden. In diesen Fällen sollte eine primär verzögerte Naht in Erwägung gezogen werden. Bei dieser Nahttechnik wird die Wunde erst in der Proliferationsphase (4.–7. Tag) verschlossen, in der die Wunde bereits mit einem hoch-vaskularisierten und zellreichen Granulationsgewebe ausgefüllt und die Immunabwehr ausreichend aktiviert ist. Dadurch verringert sich die Gefahr der Infektion. Wird zu diesem Zeitpunkt die Wunde verschlossen, wird das Granulationsgewebe natürlich nicht exzidiert. Bis zum Zeitpunkt des verzögerten Wundverschlusses ist die Wunde mit Hautersatzfolien oder anderen Materialien steril abzudecken, um die Keimbesiedlung zu minimieren. Auch die Verbandswechsel sollten unter sterilen Kautelen stattfinden. Ob die Fäden bereits beim Ersteingriff gelegt, aber nicht geknüpft werden, oder erst nach einigen Tagen, hängt von der Indikation ab.
Wundheilungsstörung
Bei jedem primären Verschluss einer kontaminierten Wunde sollten die Vorteile des primären Verschlusses gegen seine Nachteile abgewogen werden. Vielfach wird eine subkutane Infektion nach einer Laparotomie zwar als lästig aber dennoch als wenig problematisch empfunden. Sie ist nicht lebensbedrohlich, heilt unter konservativen Verbandstechniken durch sekundäre Wundheilung und scheint lediglich den postoperativen Verlauf zu verlängern. Was dabei häufig übersehen wird, ist der Einfluss der Wundheilungsstörung auf die Entstehung eines Narbenbruches. Bei ungefähr 40 % aller Patienten mit einer Wundheilungsstörung ist mit einem Narbenbruch zu rechnen, weil bei der subkutanen Infektion die Kollagensynthese gestört ist und der Kollagenabbau durch Kollagenasen gefördert wird. Jede Wundheilungsstörung, obwohl prima vista harmlos, stellt damit einen entscheidenden Faktor für schwerwiegende Folgestörungen dar und sollte deshalb unbedingt vermieden werden. Da die Resultate der primär verzögerten Naht ebenfalls sehr ansehnlich sind, sollte ihre Anwendung nicht gescheut werden. Die Ergebnisse sind im Vergleich sehr viel schlechter, wenn eine primäre Naht wegen eines Infektes wieder eröffnet werden muss.
Sekundäre Naht
Bei der sekundären Naht wird die Wunde erst in der dritten Phase verschlossen. In dieser Phase besteht ein deutlich höheres Infektionsrisiko als in der zweiten Phase, weil das Gewebe zunehmend weniger vaskularisiert ist, weil die Fibrosierung bereits angefangen hat und weil das Wundgebiet bereits sekundär kontaminiert wurde. Gute Ergebnisse können hier erzielt werden, indem die Wunde sorgfältig débridiert und mit einer Saugdrainage abgeleitet wird, um jede Flüssigkeitsansammlung zu vermeiden.
Technik
Die Haut wird durch nicht-resorbierbare Nähte oder Klammern verschlossen. Kleine Wunden können allerdings auch verklebt oder mit Klebestreifen adaptiert werden. Als Nahtmaterialien werden monofile oder beschichtete Fäden bevorzugt, weil sie glatt durch das Gewebe ziehen und keine Dochtwirkung zeigen.
Fortlaufende Naht
Zum Hautverschluss werden fortlaufende Nähte oder Einzelnähte eingesetzt. Bei der intrakutanen Naht sollte der Abstand regelmäßig sein, so dass sich die Wundränder beim Anziehen nicht schief adaptieren. Die Naht findet nur in der kollagenreichen Dermis ein festes Nahtlager, denn die Epidermis hat keine Haltekraft und kann nicht genäht werden. Dem Nachteil der fortlaufenden Naht, dass sie bei einer lokalen Wundheilungsstörung vollständig entfernt wird und sich die Wunde dabei vollständig eröffnet, stehen die Vorteile gegenüber, dass sie schneller zu legen ist, weniger Nahtmaterial verbraucht und keine Stichkanalzeichnung hinterlässt.
Einzelnaht
Vielfach werden Einzelnähte bevorzugt, obgleich ihre Anlage mehr Zeit beansprucht. Mit Einzelnähten werden die Wundränder sehr gut adaptiert und bei einem postoperativen Wundproblem muss die Wunde nicht insgesamt eröffnet werden. Für den Verschluss der Haut haben sich die Rückstichnähte nach Donati oder Allgöwer bewährt. Dabei ist auf eine korrekte Stichführung zu achten, damit die Wundränder wirklich Schicht auf Schicht aneinander liegen. Wenn die Naht geknüpft wird, sollten keine Hohlräume unterhalb des verschlossenen Gewebes verbleiben, um eine Serom- oder Hämatombildung zu vermeiden. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Knoten nicht auf der Wunde liegt, sondern neben der Wunde.
Stichkanalzeichnung
Da jede Hautnaht, die länger als drei Tage in situ verbleibt, eine Stichkanalzeichnung hinterlässt, werden die Hautfäden so früh wie möglich entfernt. Dabei kann die noch schwache Reißkraft der Wunde durch zusätzliche Klebeverbände erhöht werden. Eine Alternative ist hier natürlich die intrakutane fortlaufende Naht, die keine Stichkanalzeichnung hinterlässt. Monofiles nicht-resorbierbares Nahtmaterial der Stärke 3-0 bzw. 4-0 ist für die Routine ausreichend, an den Fingern und besonders im Gesicht ist feineres Nahtmaterial angezeigt. Die Fäden werden im Gesicht und am Hals nach drei bis fünf Tagen, am Stamm nach sieben bis neun und an den Extremitäten nach neun bis 11 Tagen entfernt.
Hautklammern
Alternativ zur Naht kann die Wunde auch mit Metallklammern verschlossen werden. Auf einen korrekten Sitz der Klammern und exakter Adaption der Wundränder sollte geachtet werden. Mit einem speziellen Gerät werden die Klammern leicht entfernt.
Wundverband
Direkt nach Abschluss der Hautnaht wird die Wunde mit einem sterilen Verband abgedeckt. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb von 24 Stunden die Wunde vollständig verschlossen ist, so dass ein späterer Keimeintritt von außen unwahrscheinlich wird. Der Verband sollte deshalb frühestens nach 24 Stunden, besser nach 48 Stunden gewechselt werden. In der Regel wird eine postoperative Infektion nicht durch eine „schlechte“ Verbandstechnik verursacht, sondern durch die intraoperative iatrogene Kontamination der Wunde, häufig verknüpft mit einer traumatischen Operationstechnik. Inwieweit weitere Schutzverbände erforderlich sind, wird kontrovers beurteilt. Im eigenen Vorgehen wird ein durchsichtiger Schutzverband bevorzugt, mit dem der Patient auch duschen kann. Sollten in den ersten postoperativen Tagen eine Schwellung und Schmerzen in der Wunde zunehmen, eventuell auch mit Erhöhung der Temperatur und Leukozytose, dann ist eine Wundinfektion zu vermuten, die rasch und effektiv behandelt werden sollte.
Hautkleber
Alle kleinen bis mittelgroßen Hautwunden, die bei Operationen mit geringer Infektionsgefahr (Hernien, Struma, Cholezystektomie) entstehen, werden intrakutan genäht, geklammert oder mit einem Histoacrylkleber[B1] (z.B. Dermabond®) geklebt. Dabei werden die Wundränder adaptiert und der visköse Kleber auf die Wunde aufgetragen. Nachdem der Kleber angezogen hat, wird eine zweite Klebeschicht aufgetragen. Nach spätestens fünf Minuten ist der Kleber vollständig ausgehärtet und voll belastbar. Der Klebstoff ist wasserdicht, so dass ein Verband nicht erforderlich ist. Der Kleber löst sich wie Wundschorf alleine von der Wunde. Verbandswechsel oder Nahtentfernungen entfallen. Die Vorteile der Klebeverbände sind die frühe Belastbarkeit, Durchsichtigkeit und Wasserdichtigkeit. Nachteilig sind neben den hohen Kosten, dass sich Serome, Hämatome oder Infektionen nicht mehr zwischen den Nähten „entlasten“ können.