Behandlung der Infektion
Die Behandlung von akut infizierten oder chronischen Wunden fußt auf drei Prinzipien, die alle gleichbedeutend sind: 1. Adäquates Débridement, 2. effiziente Antiseptik und 3. optimale Wundauflage. Diese Prinzipien sind auch chronologisch zu verstehen: Zuerst das Débridement, dann die Antiseptik und Wundauflage.
Adäquates Débridement
Wer eine belegte Wunde direkt mit einem Antiseptikum behandelt oder sogar granulationsfördernde Wundauflagen verwendet, wird nicht erfolgreich sein. Zuerst muss die Wunde ausreichend débridiert werden, denn erst wenn die Wunde frei von Belägen ist, wird die Granulation gefördert und die Epithelisierung stimuliert. Das Débridement von nicht-vitalem Gewebe kann chirurgisch, biologisch, enzymatisch, autolytisch oder mechanisch vorgenommen werden. Die schnellste und effektivste Methode ist die chirurgische. Die teuerste ist die biologische.
Chirurgisch | Entfernen mit dem Skalpell oder Kürette |
Biologisch | Sterile Fliegenmaden in Biobags oder als Freiläufer. Die Proteasen aus dem Verdauungssekret fördern das Débridement und die Wachstumsfaktoren die Wundheilung. Das Madensekret mit hohem Anteil von NH3 und HCO3 wirkt antimikrobiell durch Alkalisierung. Die Kosten dieser Behandlung sind relativ hoch. |
Enzymatisch | Proteolytische Enzyme wie Kollagenasen, Streptokinase, Streptodornase (z.B. Iruxol®) sind hilfreich, können das preiswerte chirurgische Débridement aber nicht an Effektivität ersetzen. Relativ hohe Kosten. |
Autolytisch | Körpereigene proteolytische Enzyme débridieren die Wunde, unterstützt durch Hydrogele. |
Mechanisch | Wasserstrahl- oder Ultraschalldissektion |
Antiseptika
Antiseptika
Da eine kontaminierte Wunde zu einer manifesten Infektion neigt und infizierte Wunde schlecht oder gar nicht heilen, werden Antiseptika verwendet, um die Keimzahl zu vermindern. Lokale Spülungen mit Antibiotika werden einvernehmlich als schädlich und unsinnig abgelehnt und können Antiseptika keinesfalls ersetzen. Antiseptika sollten aber nur bei manifester Infektion und für eine begrenzte Zeit (ca. 7 Tage) eingesetzt werden. Danach werden sie durch Kochsalz oder Ringer-Laktat ersetzt, denn Antiseptika stören bei Langzeitanwendung eher die Wundheilung als sie zu fördern. Das Ziel bei der Verwendung von Antiseptika ist lediglich die Elimination von Erregern in der Wunde. Alle Antiseptika müssen danach beurteilt werden, ob sie eine sichere mikrobiozide Wirkung, rasche Wirkungsentfaltung und gute Verträglichkeit aufweisen. Wenn berücksichtigt wird, ob ein Antiseptikum wirksam ist, ob es wenig zytotoxisch ist und ob es nur ein geringes Irritations- bzw. Allergiepotential aufweist, dann erscheinen einige Antiseptika entbehrlich oder sogar obsolet. Ältere Antiseptika wie Farbstoffe (z.B. Rivanol®), Quecksilberverbindungen (z.B. Mercurochrom®) und Phenole (z.B. Rutisept®) sind heute obsolet. Wasserstoffsuperoxid (3 %ig), Chlorhexidin (z.B. Hexoral®) und Silbersulfazidine (z.B. Flammazine®) sind als entbehrlich anzusehen, weil sie durch bessere Antiseptika ersetzbar sind. Die gegenwärtig besten Antiseptika sind: Povidon-Jod, Octenidindihydrochlorid und Polihexanid.
Antiseptika | Vorteile | Nachteile |
Povidon-Jod (Betaisodona®) | Preisgünstig Keine Wirkungslücke Kurze Einwirkzeit (30 Sek.) MRSA-wirksam Hemmt Mediatoren |
Jodresorption Jodinduzierte Hyperthyreose |
Octenidindihydrichlorid (Octenisept®) | Keine Wirkungslücke Krein Brennen |
Wirkungseintritt nach 30 Sek. bis 5 Min. |
Polihexanid (Lavasept®) | Keine Wirkungslücke Gute Gewebeverträglichkeit Geringe Zytotoxizität Mikrobiozid bis 0,006% Fördert Reepithelisierung |
Teuer Wirkungseintritt nach 5-20 Min. |
Povidon-Jod
Betaisodona® wirkt mikrobiozid gegen Bakterien, Pilze und Protozoen mit einer sehr raschen Wirkung nach ca. 30 Sekunden. Sollten allerdings größere Mengen an Blut oder Proteinen vorliegen, dann verlängert sich die erforderliche Einwirkungsdauer, wobei solche Verlängerungszeiten für alle Antiseptika gelten. Povidon-Jod hemmt zusätzlich die Aktivität und Freisetzung von Mediatoren und zeigt insgesamt eine sehr gute Gewebeverträglichkeit. Es wird eingesetzt zur Desinfektion intakter äußerer Haut, zur wiederholten Wundbehandlung, bei infizierten Dermatosen, zur chirurgischen Händedesinfektion, zur Antiseptik vor Operationen, Punktionen etc. und in einer Verdünnung (1:10) auch zur Spülung von Körperhöhlen. Als Kontraindikationen gelten eine Hyperthyreose, eine Dermatitis herpetiformis Duhring, eine Überempfindlichkeit gegenüber Jod und eine geplante Radiojodtherapie. Bei Okklusivverbänden sollte es nicht angewendet werden. Obwohl Povidon-Jod auch häufig zur Spülung der Peritonealhöhle verwendet wird, ist der Einsatz durchaus kritisch zu bewerten, den es zerstört das Mesothel, verschiebt den Säure-Basen-Haushalt und lagert sich zum Teil im RES der Leber ab. Bei ausgeprägten intraperitonealen Kontaminationen hat es sicherlich seine Berechtigung, weil es keine gleichwertige Alternative gibt. Darüber hinaus sollte aber mit einfachen physiologischen Lösungen gespült werden.
Octenidindihydrochlorid
Octenisept® wirkt mikrobiozid gegen Bakterien und Pilze, aber nicht gegen Protozoen oder Sporen. Es weist keine toxisch-resorptiven Risiken auf und benötigt 30 Sekunden bis fünf Minuten bis zum Wirkungseintritt. Es ist sehr gut verträglich und wird in der Regel 1:1 verdünnt. Zur Peritoneallavage ist es nicht geeignet. Es wird meistens zur Antiseptik von Schleimhäuten verwendet. Es sollte nicht mit Povidon-Jod kombiniert werden, weil es dabei zu einer deutlichen Verfärbung kommt. Die Kombination von Octenidin mit Phenoxyethanol sollte keinesfalls zur Spülung der Bauchhöhle, Blase oder des Trommelfells verwendet werden.
Polihexanid
Lavasept® wirkt mikrobiozid gegen Bakterien und Pilze mit einer eher langsamen Einwirkungszeit von etwa fünf bis 20 Minuten. Wegen seiner selektiven Wirkung gegen saure Lipide bakterieller Zellmembranen ist es sehr gut verträglich und fördert die Wundheilung. Es wird deshalb besonders gern bei chronischen Wunden eingesetzt. Auch Semiokklusiv- oder Okklusivverbände sind mit Polihexanid gestattet. Es sollte nicht gemeinsam mit Tensiden, bei Unverträglichkeiten oder Schwangeren, oder am ZNS, Knorpel, Innen- oder Mittelohr appliziert werden.
Anwendung
Im eigenen Vorgehen wird bei einer akuten Infektion sofort mit verdünnter (1:10) Povidon-Jod-Lösung gespült und diese postoperativ fortgeführt. Auf den Stationen werden die feuchten Verbände bei infizierten oder chronischen Wunden für einige Tage mit Polihexanid vorgenommen. Antiseptika sollten nicht länger als sieben bis zehn Tage angewendet werden.